"Empire State. New York Art Now" in Paris

Optimistisches Chaos

In einer Sommernacht des Jahres 1964 nahm Andy Warhol das damals höchste Gebäude New Yorks mit einer 16-mm-Kamera ins Visier – acht Stunden lang, in einer einzigen Einstellung: Der Film „Empire“ ist eine Meditation über die Schönheit und Vergänglichkeit der Stadt. Die wichtigste Inspiration für „Empire State. New York Art Now“, die aktuelle Schau in den Räumen von Thaddaeus Ropac in Paris Pantin, ist aber neueren Datums: In ihrer Hitsingle von 2009 beschwören der Rapper Jay-Z und die Sängerin Alicia Keys den „Empire State of Mind“ des liebenswerten Molochs, wo eine Berühmtheit schon mal ihren Ausgang von einer finsteren Ecke in Brooklyn nimmt. Eine Hoffnung, die auch in manchen Künstlerstudios des Bezirks glimmen dürfte.

Der britische Kurator Norman Rosenthal hat zusammen mit seinem jungen amerikanischen Kollegen Alex Gartenfeld in der dreijährigen Vorbereitungsphase über 100 Ateliers besucht und schließlich 25 Künstler ausgewählt – darunter Markthelden verschiedener Generationen wie Jeff Koons, Julian Schnabel und der junge hippe Maler Nate Lowman, aber auch Konzeptkunstgrößen wie Dan Graham oder Renée Green. Das Ergebnis ist ein sehr abgesichertes, jedoch durchaus zutreffendes Porträt einer Kunststadt in musealem Ausmaß.

Roter Faden der Schau ist die Lust an der Apokalypse: Keith Edmier rekonstruiert in einer Installation architektonische Elemente der Penn Station, mit Muscheln bewachsen, als läge sie unter Wasser (das ursprüngliche Bahnhofsgebäude wurde 1963 abgerissen). Rob Pruitt stellt ausgewachsene Dinosaurier in die Galerie, und LaToya Ruby Frazier zeigt Fotos von Abbruchhäusern. Dass das Chaos optimistisch wirkt, hat wahrscheinlich mit der Allgegenwart der Popkultur zu tun: Joyce Pensato hat eine riesige Catwoman-Maske an eine Wand gemalt, die zu Koons’ Bronze-Hulk hinüberblinzelt. Und Danny McDonald hüpft in einem Video, das an Polanskis „Rosemarys Baby“ erinnert, als Hippiehexer verkleidet durch den Central Park. New York ist eine Spielwiese für seltsame Mächte aller Art, und die Kunst ist nur eine davon.

„Empire State. New York Art Now“, Thaddaeus Ropac, Paris, bis 15. Februar