Kunstmuseum Bern

Panik hinter den Spiegeln

Seine Welt ist grau, grausam und nicht zuletzt, wie unsere eigene, oft auch komisch. Bevölkert wird sie von gesichtslosen Menschen und Tieren, vor allem Affen, die sich rückwärts gebären oder sich buchstäblich die Seele aus dem Leib löffeln. Die Akteure benehmen sich, als übersetzten ihre Handlungen M. C. Eschers unmögliche Architekturen, gefangen in absurd-labyrinthischen Wiederholungen. Es gibt diese Fliege, die in Sisyphos-Manier gegen ihr Spiegelbild knallt. Nach jeder Kollision verliert sie etwas an Höhe, bis sie im Kreisflug auf dem Boden verendet. Übrig bleibt ein Blutfleck, als Zeugnis der Sinnlosigkeit.

2007 zeigte Yves Netzhammer seine computergezeichneten Videoprojektionen („Subjektivierung der Wiederholung, Projekt B“) im Schweizer Pavillon in Venedig und in der Kasseler Karlskirche während der Documenta 12. Der Mäzen Hansjörg Wyss kaufte das Werk für die Sammlung des Kunstmuseums Bern an, wo es jetzt das Zentrum der großen Einzelausstellung „Das Reservat der Nachteile“ bildet.
Es ist nachvollziehbar, dass die ursprüngliche Idee einer Retrospektive vom Schweizer Künstler selbst abgelehnt wurde. Denn das Wesen seiner Arbeit, die Kunst, Gestaltung und Design zusammenfließen lässt, wie auch die Formen und Gestalten in seinen Filmen beständig ineinandermorphen, ließe sich kaum über einen Gesamtüberblick erschließen.

In Bern erwartet die Besucher zunächst eine Rauminstallation mit bis unter die Decke bemalten Wänden, in der elektrisch fahrende Vorhänge mit semiobskuren Plastiken um Aufmerksamkeit streiten. In der Videoarbeit jedoch, Kernstück der Schau, überzeugt die glatte Ästhetik des 40-jährigen gelernten Hochbauzeichners. Der Look seiner Bilder, der viel von der Trash-Anmutung früher Computerkunst geerbt hat, ist nur vordergründig flach und kalt. Sobald die Erzählungen in Gang kommen, gewinnen sie an abgründiger Tiefe. Wenn die schal gezeichneten Figürchen an ihrer eigenen Zersetzung arbeiten, werden sie dem Betrachter plötzlich zum Spiegel eigener Verstörungen. Unter den kühlen Oberflächen Yves Netzhammers sitzt die Gewalt.

Kunstmuseum Bern, bis 27. Februar