Streit um Statuen

Plötzlich erscheint alles möglich

Demonstranten treten gegen die Christopher-Kolumbus-Statue, nachdem diese vor dem "Minnesota State Capitol" in St. Paul von ihrem Sockel gestürzt wurde
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Demonstranten treten gegen die Christopher-Kolumbus-Statue, nachdem diese vor dem "Minnesota State Capitol" in St. Paul von ihrem Sockel gestürzt wurde

Im Zuge der Proteste gegen den Rassismus nach dem Tod von George Floyd ist in der westlichen Welt eine Diskussion um die Erinnerungskultur entbrannt. Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr zeigt sich im Gespräch mit Detektor.fm fasziniert von dem Tempo der Debatte und Aktionen

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, forderte jetzt die Entfernung von Statuen im Kapitol in Washington. Sie stellen elf Soldaten und Vertreter der Konföderierten Staaten dar, verkörpern aber nach Meinung von Pelosi nicht die höchsten Ideale der USA. "Ihre Statuen sind eine Hommage an den Hass, nicht an das Erbe", schrieb sie in einem Brief an die zuständige Stelle im Kongress. Der Vorschlag ist nicht ganz neu: Bereits 2017 forderte Pelosi ihre Entfernung.

Derweil köpften Unbekannte eine Statue von Christopher Kolumbus in einem Park der amerikanischen Ostküstenstadt Boston. Nach dem Vorfall in der Nacht zum Mittwoch kündigte Bürgermeister Marty Walsh an, auch den Rest des Denkmals abzubauen. Auch in Richmond (Virginia) wurde ein Kolumbus-Denkmal gestürzt, in Brand gesteckt und in einen See geworfen.

Kolumbus war einer der ersten Europäer in der sogenannten Neuen Welt und wird häufig als Entdecker Amerikas bezeichnet. Historiker und Bürgerrechtler kritisieren ihn aber für sein gewalttätiges Verhalten gegenüber den Ureinwohnern Amerikas und dafür entscheidend, zum transatlantischen Sklavenhandel beigetragen zu haben.

In Belgien haben Proteste dazu geführt, dass die Stadtverwaltung von Antwerpen am Dienstagmorgen eine Statue von König Leopold II. vom Sockel hat entfernen lassen.

Elke Buhr, Chefredakteurin von Monopol, ist fasziniert, mit welchem Tempo die Debatte jetzt Fahrt aufnimmt. Das sei eine Diskussion, die schon sehr lange laufe. Für den Kunstbetrieb sei es toll zu sehen, dass sich Politik jetzt anhand von Kunst so gut fassbar mache, sagt sie im Gespräch mit Detektor.fm:


Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz vor mehr als zwei Wochen am 25. Mai hat Massenproteste gegen systematischen Rassismus und Polizeigewalt im ganzen Land und auch weltweit ausgelöst. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Mannes gedrückt - trotz seiner wiederholten Bitten, ihn atmen zu lassen. Der Polizist und drei an dem Einsatz beteiligte Kollegen wurden entlassen, festgenommen und angeklagt. Floyd war wegen des Verdachts, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben, festgenommen worden. Er war am Dienstag beigesetzt worden.