Picasso-Gemälde "Madame Soler"

Raubkunststreit um Picasso-Bild: Bayern will sich beugen

"Deutsches Zentrum Kulturgutverluste" ist auf einem Schild zu lesen
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

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Seit 15 Jahren streitet Bayern mit den Erben eines jüdischen Kunstsammlers um ein Picasso-Gemälde. Nun muss sich der Freistaat einer externen Bewertung des möglichen Raubkunst-Falls stellen

Der Streit schwelt seit 15 Jahren: Im Jahr 2009 erhoben die Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy erstmals öffentlich Anspruch auf das Picasso-Gemälde "Madame Soler", das sich seit den 1960er Jahren im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen befindet. Es sei Nazi-Raubkunst und sie die rechtmäßigen Eigentümer. Der Freistaat Bayern sieht das anders und blockierte jahrelang ein Einschalten der für solche Streitigkeiten zuständigen Beratenden Kommission. 

Jetzt hat das bayerische Kunstministerium angekündigt, sich einer externen Begutachtung der Herkunft des Gemäldes zu stellen. "Für mich ist klar, dass wir Picassos 'Madame Soler' vorlegen, sobald es das Schiedsgericht gibt", sagt Kunstminister Markus Blume (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München am Donnerstag. Er begründet das damit, dass die Kommission laut Bund-Länderbeschluss vom Mittwoch künftig von einem Schiedsgericht abgelöst werden soll. Dies sei "für uns die Grundlage, diesen Schritt zu gehen".

Allerdings hat Bayern künftig auch gar keine andere Wahl mehr. Denn der Beschluss von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden sieht eine Reform des Verfahrens um die Rückgabe von NS-Raubgut an die rechtmäßigen Besitzer vor. Der zentrale Punkt: Das neue Schiedsgericht soll - im Gegensatz zur aktuellen Regelung - auch einseitig angerufen werden können. Das bedeutet: Es spielt überhaupt keine Rolle, ob Minister Blume ankündigt, den Streit um das Bild, das sich derzeit in einem Depot der Münchner Pinakotheken befindet, dem Schiedsgericht vorlegen zu wollen. Er muss das tun. 

Weil das bislang nicht der Fall war und stets beide Parteien zustimmen mussten, damit die zuständige, unabhängige, Beratende Kommission tätig werden kann, konnte Bayern sich im Streit mit den Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy um das 1905 entstandene Gemälde "Madame Soler" von Pablo Picasso (1881-1973) auf eine Blockadehaltung verlegen. Damit verhinderte der Freistaat, dass die Kommission angerufen wird und in dem Streit eine Empfehlung abgibt. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen begrüßen die neue Haltung der Staatsregierung ausdrücklich, wie eine Sprecherin betonte. 

"Ein faires Schiedsverfahren"

Die Erben Mendelssohn-Bartholdys hatten bereits 2009 die Restitution des Gemäldes verlangt, Bayern lehnte dies aber mit der Begründung ab, die Provenienzforschung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um Raubkunst handle. Der New Yorker Kunsthändler Justin K. Thannhauser, von dem die Staatsgemäldesammlungen das Bild 1964 kauften, habe es spätestens im August 1935 von Mendelssohn-Bartholdy erworben - und der Grund für den Verkauf sei damals nicht die Verfolgung der Familie gewesen. 

Blume spricht am Donnerstag von einer künftig rechtssicheren Verfahrensordnung und einem ausdifferenzierten Bewertungsrahmen. Die sei Basis für "ein faires Schiedsverfahren". Er betont: "Endlich wird bei 'Madame Soler' und bei vielen weiteren Fällen eine rechtssichere Entscheidung möglich sein." Blume hatte immer wieder eine neue rechtliche Grundlage, ein Restitutionsgesetz, gefordert, was allerdings außerhalb Bayerns vielfach auch als Verzögerungstaktik gewertet wurde.

Bayern war wegen seines Umgangs mit dem mutmaßlichen Raubkunst-Fall und seiner hartnäckigen Blockadehaltung zum Anrufen der Kommission zuletzt immer stärker in die Kritik geraten. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) fand deutliche Worte und als sie im Dezember ankündigte, Fördergelder für Kultureinrichtungen an die Akzeptanz von Neuregelungen bei der Rückgabe von NS-Raubgut zu koppeln, verstanden viele das als Signal an Bayern. Blume reagierte damals so auf den Vorstoß aus Berlin: "Freiwilligkeit und Haltung sind gut, aber Recht ist noch besser."