Rosson Crow inszeniert in Paris artifizielle, fleischliche Räume

Blut, Schleim und Speichel: Die mächtigen Gemälde der 27 Jahre jungen Texanerin strotzen vor menschlichen Säften. „To Dine on a Carpet of Stars Each Night“ inszeniert auf mehr als sechs Quadratmetern Leinwand einen Saal zwischen Moderne und Klassik, mit Kronleuchter und psychedelischem Teppich­boden à la Kubricks „Shining“. Wir sehen das Interieur wie durch einen Blutschleier.

Rosson Crow liebt Theater, Bühnen, artifizielle, aber zugleich fleischliche Räume. Die hektische Geste des Expressionismus bleibt dabei immer gebändigt. Das pinkfarbene Gegenstück zu „To Dine on a Carpet of Stars Each Night“, das gleichfalls großformatige „The Big Sleep“, zeigt, wie weit entfernt von unbedachten Affekten Crow komponiert. Jeder Pinselhieb führt haltende Linien über das Bild, bewahrt das Farbgedärm vor dem Überquellen.

Im Alter von 23 in Yale diplomiert, kennt Crow die Geschichte ihres Mediums genau und demonstriert dies auch. Dem texanischen „Go big or go home“ treu, hat sie, die schon an der Highschool malte, immer auch verkauft – und weiß sich in Vernissagen in exaltierten Outfits zu präsentieren. Beim Arbeiten versuche sie jedoch, „nicht an den hungrigen Kunstmarkt zu denken“, beteuert sie. Und macht in „Jeff Koons in Versailles“ aus der kalten Pop-Art-Überheblichkeit ein düsteres Vanitas-Mahnmal.

2006 war sie in der Pariser Cité des Arts, wurde vom „Wall Street Journal“ unter die „23 Jahre alten Meister“ gewählt, hatte ihre erste Soloshow bei Nathalie Obadia. Dort, in der Ausstellung „Paris, Texas“, erweist sie sich nun wieder als vitale Protagonistin der neuen Malerei. Crow vermeidet allzu instinktive Gesten und sitzt der Ästhetik von Unschärfe und Farbverlauf nicht naiv auf. Ihr „Salon de Réception avec Bud Light“ – zerfließende US-Flaggen, Stühle, 70er-Mund – wirkt wie das Ergebnis einer Party von Siouxsie and the Banshees und Francis Bacon. Mit Punkattitüde den abgründigen Szenen Karen Kilimniks nah (freilich ohne deren Beschaulichkeit), explodiert Rosson Crow und öffnet Wege zu einer anderen Leiblichkeit.
J. Emil Sennewald

 

Galerie Nathalie Obadia, Paris, bis 23. Januar