Viennafair 2011

Schaut auf diese Stadt

Frau Saxenhuber, Herr Schöllhammer, warum sollten internationale Sammlern zur Messe nach Wien kommen?
Hedwig Saxenhuber: Weil es hier eine Messe gibt, die durch ihren Osteuropa-Schwerpunkt in den letzten Jahren ein sehr spezielles Profil entwickeln konnte. Außerdem zeigt man in Wien, parallel zur Viennafair, Ausstellungen mit Kunst aus Ost- und Südosteuropa in 21 Galerien der Stadt, und dann gibt es noch eine kleine Satellitenmesse. Von Mittwoch bis Sonntag ist also wirklich viel los hier in Wien. So viel wie vielleicht das ganze Jahr über nicht.

Vermarktet wird die Viennafair mit dem Begleittitel „Internationale Messe für zeitgenössische Kunst mit Fokus Zentral- und Osteuropa“, ein Konzept das die Vienna Art Fair jetzt seit einigen Jahren verfolgt. Haben Sie Ihren Weg gefunden?
HS: Wir haben nicht nur unseren Weg gefunden, sondern wollen diesen Weg auch weiter ausbauen. Wir sind bereits dabei, unseren Fokus auf den osteuropäischen Raum zu erweitern, und haben unser Programm mit Kunst und Galerien aus dem Kaukasus ergänzt.

Georg Schöllhammer: Auf Biennalen und Manifestas sieht man tolle ästhetische Produktionen dieser Regionen. Der Markt ist dort aber nur rudimentär entwickelt, jenseits von Kiew sind Galerien für Gegenwartskunst die Ausnahme. Um dennoch Kunst aus diesen Ländern präsentieren zu können, hat man für die Viennafair ein neues Format ausgearbeitet: für die „Temporary Sales Zone“ bringen Initiativen aus Zentralasien, Nordafrika und dem Süden und Osten Europas Kunst von teilweise sehr wichtigen Künstlern mit. Die Institutionen bieten den Galerien der Messe dann die Möglichkeit, diese Kunstwerke an den vier Tagen zu verkaufen. Das professionalisiert einerseits die Künstler, andererseits schließt es eine logistische Lücke.

Ist Spezialisierung der richtige Weg, um sich einen Platz im internationalen Kunstmarktgeschehen zu erkämpfen?
GS: Ähnlich wie die Arco in Madrid eine große Bedeutung für Kunst aus Lateinamerika hatte, hat sich die Viennafair zu einer bedeutenden Messe für Kunst aus Osteuropa in Europa profiliert. 

HS: Seit der Krise scheint die Zeit vorbei zu sein, in der reine Verkaufsmessen puren Lebensstil propagierten. Wir haben uns einer anderen Sache angenommen. Die Vermarktung von Kunst aus CEE-Ländern, aus Central East Europe, ist unsere Kernkompetenz geworden. Gerade Österreich hat als ehemals blockfreier Staat noch gute Verbindungen, an die wir anknüpfen können. 

Seit Herbst arbeiten sie gemeinsam als neues Leitungsteam der Viennafair. Neben dem Fokus auf Osteuropa ist 2011 erstmals einen Länderschwerpunkt geplant, der der Kunstszene Istanbuls gilt. Warum?
HS: Zwischen Istanbul und Wien besteht eine lange historische Beziehung. Istanbul ist anders aufgestellt als manche Städte, da es dort vor allem alteingesessene Familien gibt, die privat Institutionen, Museen und Biennalen finanzieren. Im Zuge dessen ist dort in den letzten Jahren eine pulsierende und lebendige Kunstszene entstanden. Allerdings muss man sagen, dass große Positionen wie Ayşe Erkmen oder Gülsün Karamustafa zunächst in Deutschland, im sogenannten Westen, bekannt geworden sind und erst jetzt in Istanbul wahrgenommen werden. 

In Wien folgte bislang jeder Kunstmesse eine Gegenmesse. Nachdem eine Konkurrenzveranstaltung zur Viennafair, die „Kunst Wien“ scheiterte, versucht man es jetzt mit der Traditionsmesse „Art Austria“ und der „Fruits, Flowers, and Clouds“, eine Jungmesse für Gegenwartskunst. Wie viel Kunstmessen verträgt eine Stadt?
GS: Wien verträgt diese unterschiedlichen Messen sehr gut. Man hat keine Angst voreinander. Die Viennafair zieht durch ihr spezielles Programm nicht nur Sammler aus Österreich an, sondern auch aus Russland, Italien und Belgien. Das ist ganz anders als bei der Art Austria, die eher die junge Sammlergeneration in Österreich bedient, die noch konservativer sammelt und erst langsam an die Gegenwartskunst herangeführt wird.

Parallel zur Viennafair findet auch das Kuratorenprojekt „curated by_ vienna 2011: EAST by SOUTH WEST“ statt. Auf den Berliner Kunstmessen hingegen erwies sich die Zusammenarbeit von Messe und Galerien bisher als schwierig. Sehen Sie solche Kollaborationen als Stärke der Wiener Kunstszene?
GS: Sicher ist das eine Stärke. Wir haben auch dieses Jahr wieder alle bedeutenden Wiener Galerien in unserer Messe. Das war in den letzten Jahren nicht immer so, was wiederum nicht nur ein Zeichen der Krise, sondern auch ein symbolischer Akt der Galerien war. Es ist eine Frage der Verbindlichkeit, ein Format zu halten, das man sich geschaffen hat. Allerdings muss man sagen, dass in Berlin immer schon andere Strukturen herrschten. Die Wiener Messe selbst ist eine Gründung der Galerien. Als solche ging man mit einem internationalen Messeveranstalter eine Liaison ein, das ist anders als beim Art Forum in Berlin. Dennoch: Parallelprojekte gibt es, Gott sei Dank, auch in Wien. Eigentlich ist so etwas ja toll, weil es eine starke Dynamik bedeutet.

Was ist Ihr Fernziel für die Viennafair?
HS: Langfristig soll die Messe Ausstellungsort für einen Raum sein, der von hier bis in den Kaukasus geht und der auch andere aufstrebende Märkte von Südamerika bis Nordafrika bis Südasien mitnimmt.

Und worauf freuen Sie sich besonders dieses Jahr?
GS: Ich freue mich sehr auf eine Aktion von Pawel Althamer. Täglich wird er zusammen mit 15 Messebesuchern und 15 Studenten aus Warschau, Bratislava und Wien Skulpturen nach der Natur erarbeiten. Modell steht das legendäre Aktmodell der Warschauer Akademie, Pinki. Das hat etwas von einer klassischen Akademie, aber natürlich mit einem ironischen Gestus.


Viennafair, 12. bis 15. Mai, Messe Wien