Ausstellung: "Vor dem Gesetz" in Köln

Seht, wie klein der Mensch doch ist

Ein Mann, der vom Lande kommt, begehrt Einlass in ein rätselhaftes Gebäude, das Gesetz. Er scheitert am Türhüter und wartet vergeblich – bis zu seinem Tod. Die berühmte Erzählung „Vor dem Gesetz“ (1915) von Franz Kafka ist eine Parabel auf die Demütigung des Einzelnen durch den Staat, die Verletzlichkeit des Individuums, seine Machtlosigkeit. Kasper König hat sie als Titel seiner letzten großen Ausstellung als Direktor des Kölner Museums Ludwig gewählt. König und Kokurator Thomas D. Trummer konfrontieren Skulpturen der Nachkriegszeit und Räume der Gegenwartskunst miteinander.

Ganz direkt nehmen Plastiken wie das „Krallenwesen“ (1952) Germaine Richiers oder die ausgezehrten Figuren Alberto Giacomettis unter dem Eindruck der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs das Thema der existenziellen Bedingungen des Menschseins auf. Henry Moore überführt seinen fallenden Krieger („Falling Warrior“, 1956/57) langsam in die Abstraktion. Was die Intensität angeht, dürfte Bruce Naumans „Carousel“ (1988) aus metallenen Abgüssen von Hundekadavern den älteren Bronzeskulpturen in nichts nachstehen.

Nauman bildet die Brücke zu den aktuellen Entwürfen, unter denen einige eindrucksvolle Neuproduktionen sein werden. Die britische Bildhauerin Phyllida Barlow ergänzt eine Treppenskulptur, die vom Museum angekauft wurde, mit weiteren Installationen. Die Schottin Karla Black richtet eines ihrer powder floor pieces ein, Raumplastiken aus Tonnen von Gipspulver. Paul Chan aktualisiert sein politisches Schattenspiel „Sade for Sade’s Sake“, zu sehen unter anderem auf der Venedig-Biennale 2009.

Und während Thomas Schüttes Skulptur „Vater Staat“ – selbstverständlich wieder figurativ – alles überblickt, kümmert sich Andreas Siekmann mit einem seiner Recherchewerke um die, die durch die Maschen fallen. In „Dante und Vergil gehen durch Europa“ berichtet er über die Männer vom Lande von heute: rechtlose Arbeiter, die Einlass begehren in das Gesetzesgebäude EU – vergeblich.

Museum Ludwig, Köln, 17. Dezember bis 22. April 2012; Eröffnung: Freitag, 16. Dezember, 19 Uhr