Seifenblasen in New York: Rivane Neuenschwander wünscht uns Glück

Nach Urs Fischers und Dakis Joannous barocken Paukenhieben beginnt das New Museum seine Sommersaison mit leiseren Tönen: „Rivane Neuenschwander: A Day Like Any Other“ zeigt Installationen, Videos, Objekte und Gemälde der 42-jährigen brasilianischen Künstlerin in ihrer ersten großen Überblicksschau. Neuenschwander, unter deren Vorfahren sich Schweizer, Portugiesen und Indianer finden, wurde beeinflusst vom Tropicalismo, der in Brasilien entstandenen sinnlichen Variante von Konzeptkunst. Die eigene Handschrift bleibt dabei immer deutlich: geprägt von einer fast mädchenhaften Mischung aus Verspieltheit und Direktheit. Neuenschwander gibt dem fl üchtigen Prozess unseres Erinnerns materielle Formen, beschäftigt sich mit der Zerbrechlichkeit von Glück und dem Bedürfnis nach Orientierung. In der Museumslobby zum Beispiel schimmert eine Flut farbiger Seidenbänder, jedes einzelne bedruckt mit dem Wunsch einer Person: „Ich wünsche mir Frieden“‚ „Ich wünsche mir, den Mann zu heiraten, den ich liebe“‚ „Ich wünsche mir einen leichten Tod“, oder „Ich wünsche Gesundheit für meine Kinder“ heißt es da. Der Besucher kann eines der Bänder nehmen und selbst eine Bitte hinterlassen. Wenn sich die bunten Streifen über New York verteilen, wird „I Wish Your Wish“ den Stadtraum erobern und eine Topografie von Zufälligkeiten erzeugen. Ihre dunklere Seite zeigt die Installation „The Conversation“, in der Neuenschwander ihre frenetische Suche nach versteckten Wanzen von ebendiesen aufzeichnen ließ, während sie einen extra dafür konstruierten Raum zerlegte. Man hört ihren Kampf, man sieht die herausgerissenen Teppiche und aufgeschlitzten Fußböden: Die Künstlerin spielt ein sehr ernstes Spiel mit sich selbst. Einen weiteren Höhepunkt bildet das Video „The Tenant“, in dem eine Seifenblase durch ein leeres Haus schwebt – angespannt, fragil und autark, ein Sinnbild der menschlichen Existenz. Zwar gelingt es der Ausstellung, in die weite Welt der Künstlerin einzuführen, allerdings liegt genau hier die Krux: Nicht alle der vielen Exponate, die im Bemühen um Vollständigkeit versammelt wurden, erlauben auch wirklich den Blick in die Abgründe hinter Rivane Neuenschwanders schöner Poesie.