"Sommer des Zögerns" in Zürich

Immer im Werden

Die Gruppenschau "Sommer des Zögerns" in der Kunsthalle Zürich ist nie fertig: Dreimal wöchentlich bauen Künstlerinnen und Künstler die Ausstellung weiter. Damit finden die Kuratoren ein treffendes Vehikel für die aktuelle Stimmung

Klug sind Ausstellungen dann, wenn sie es schaffen, eine Sache aufzugreifen, ohne sie plump zum Thema zu machen. Die Gruppenausstellung
"Sommer des Zögerns" versucht genau das. "Ein Experiment in komischer Gemeinsamkeit" nennen es die beiden Kuratoren Daniel Baumann und Matthew Hanson und finden damit ein Vehikel für die aktuelle Stimmung.

Seit ihrem Beginn Ende Mai ist sie im Entstehen begriffen: Dreimal wöchentlich bauen jeweils zwei der insgesamt 42 Künstlerinnen und Künstler die Ausstellung weiter. Alle paar Tage verändert sich also die Ausgangslage, und noch ist ungewiss, was am Ende dabei herauskommt. Ein Gefühl, das wir inzwischen allzu gut kennen. Über sieben Wochen wird dieses Experiment dauern, bis alle Werke und Performances  zusammengekommen sind. Darunter sind Arbeiten von Nic Hess, Walter Pfeiffer, Pamela Rosenkranz und Caro Niederer.

Die Kunsthalle in so einem provisorischen Zustand zu sehen ist allemal komisch: Namen auf Kreppband, herumstehende Rollwagen und Hebebühnen. Man merkt deutlich, dass die leeren Flächen nicht dazu da sind, die wenigen Werke, die nach den ersten Tagen installiert sind, wirken zu lassen, sondern tatsächliche Leerräume sind. Eine Ausstellung in ihrer intimsten Form. Wo Planbarkeit und gewohnte Abläufe wegfallen, gewinnen der Prozess und Improvisation an Bedeutung.

Für Besucherinnen und Besucher ein Gewinn, denn plötzlich wird man zur Komplizin dieses organischen Wachsens. An jedem der drei Abende pro Woche, an denen die Ausstellung sich erweitert, findet ein Mini-Opening statt, und damit ist es wirklich sinnvoll, immer wieder im Museum vorbeizuschauen. Man möchte sehen, was sich im "Sommer des Zögerns" tut, und dem kleinen Ritual beiwohnen, das Menschen wieder vorsichtig zusammenbringt.

Die Paare der Züricher Kunstschaffenden, die sich den Abend teilen, sind per Los entschieden worden und kombinieren etablierte und frische Posi­tionen, was das Vertrauen in den Prozess und ein lebendiges Verständnis von Kunst unterstreicht. Zwei Dinge, die uns für die Zeit nach dem "Sommer des Zögerns" bestens rüsten sollten.