Turner-Prize-Ausstellung in Glasgow

Witz komm raus!

In Glasgow sucht der Turner Prize den Glamour

Jedes zweite Jahr findet die Turner-Prize-Ausstellung nicht mehr in London statt. Doch was die dezentralen Standorte stärken soll, schwächt den Preis, der eh längst nur noch einer unter vielen ist. Dieses Mal ist Schottland an der Reihe: Die Arbeiten der nominierten Künstler werden in den weitläufigen Ausstellungsräumen von Tramway, einem Kunstraum in Glasgows Vorort Pollokshields, gezeigt.

Die Räume lassen Platz für vier Einzelschauen. Der erste gehört der 1971 in Emsdetten geborenen Nicole Wermers, die seit Langem in London lebt. Wermers arbeitet mit Design, Konsum und Verführung, sie hat modernistische Stahlrohrstühle mit Pelzmänteln verhängt. Das Ergebnis sieht aus, als habe ein zahlungskräftiges Unternehmen seinen Mitarbeitern, die vielleicht gerade ein Teambuilding-Seminar hinter sich gebracht haben, ein großzügiges Weihnachtsgeschenk spendiert. Die Kombination von Moderne und Mode mag eine clevere Idee sein, doch lässt die Arbeit seltsam unbeeindruckt.

Um die Ecke findet sich Bonnie Camplins Installation "The Military Industrial Com-Kontemplation, einem schallisolierten Bunker ähnlich, können die Besucher anhand einer umfassenden Dokumentation in die alternative Gedankenwelt eintauchen, die Camplin seit einigen Jahren immer detaillierter ausarbeitet. Dazu gehören kommentierte Aufzeichnungen und ein Fotokopierer für diejenigen, die eine Kopie mit nach Hause nehmen wollen. Die Verbindung zwischen Gesellschaftskritik und Idiosynkrasie ist durchaus eigenwillig, aber man muss nicht wenig Geduld aufbringen.

Abwechslung bieten da die opernhaften Klänge von Janice Kerbels Klanginstallation "DOUG", die immer wieder zwischendurch zu hören sind. In ernsthafter Kulturbeflissenheit lauscht der Besucher den Opernlibretti der performativen Arbeit, die ursprünglich von The Common Guild in Glasgow beauftragt wurde, bis er realisiert, dass es hier um slapstickartige Stürze geht: "Heel on peel/To seal the deal/Feet to sky/Life slips by." Endlich etwas Witz!

An vierter Stelle nominiert ist das 18-köpfige, multidisziplinäre Künstlerkollektiv Assemble, dessen selbst initiierte Projekte die fehlende Verbindung zwischen der Öffentlichkeit und der Gestaltung von öffentlichem Raum thematisieren. Durch die Rekonstruktion der leeren Gebäudehülle eines Reihenhauses in Liverpool hat die Gruppe eine Art Showroom geschaffen, in dem sie alle möglichen von Hand gefertigten Objekte, angefangen von Türknäufen bis zu bedruckten Stoffen, präsentiert. Die Ausstellung an sich mag im Umfeld der anderen Beiträge eher konventionell wirken, mit ihrem Schwerpunkt auf Sozialunternehmertum und Partizipationsmöglichkeiten der lokalen Gemeinschaft ist sie jedoch bei Weitem am unkonventionellsten.

Der Gewinner des Preises wird am 7. Dezember bekannt gegeben.