Anwälte rügen Vorstoß

Umgang mit NS-Raubkunst weiter strittig

München/Dresden (dpa) - Der Streit über den Umgang mit NS-Raubkunst in Deutschland geht in eine neue Runde. Kunstrechtsexperten haben die Bundesratsinitiative des bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU) zur Verjährung bei NS-Raubkunst kritisiert. «Das hilft den Betroffenen nicht weiter», sagte die Rechtsanwältin Sabine Rudolph dem «Focus» (Montag). Rechtsanwalt Markus Stötzel, der mehrere Erbenfamilien vertritt, sagte dem Magazin: «In der Praxis wird die Gesetzesänderung keine Bedeutung haben.»

Bausback will eine Verjährung ausschließen, wenn der derzeitige Besitzer von NS-Raubkunst «bösgläubig» war - also etwa gewusst hat, dass ein Kunstwerk geraubt wurde. Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Hartwig Fischer, sieht auch die Museen in einer historischen Verantwortung. Aber sie bräuchten mehr und geschultes Personal zur Provenienzforschung.

Die neue Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte die bayerische Initiative zu einer konsequenteren Rückgabe von Raubkunst begrüßt. Der Vorschlag zur Neuregelung der Verjährungsfrist müsse nun rechtlich geprüft und in der Bundesregierung erörtert werden, kündigte Grütters in der vergangenen Woche an. Die Bundesregierung setze sich vorbehaltlos für die Suche nach NS-Raubkunst und deren Rückgabe nach den Grundsätzen der Washingtoner Konferenz von 1998 ein. «Hierfür wäre ein solches Gesetz ein konsequenter und positiver Schritt», meinte Grütters.

Rechtsanwältin Rudolph sagte, es sei «lebensfremd», etwa dem Münchner Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt nachweisen zu wollen, dass «er bei Antritt seines Erbes gewusst habe, dass die meisten Bilder unrechtmäßig erworben worden waren». Gurlitt hatte die Sammlung seines Vaters geerbt, des NS-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Fast 600 Bilder stehen im Verdacht, Nazi-Raubkunst zu sein. Steuerfahnder und Staatsanwälte hatten weit über 1000 Werke im Frühjahr 2012 in Gurlitts Münchner Wohnung beschlagnahmt.

Nach Ansicht von Hartwig Fischer brauchen Deutschlands Museen mehr Experten für die Herkunftsrecherche. «Wir wollen nicht, dass sich in unseren Museen Werke befinden, die uns nicht gehören können», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Eine gewissenhafte Prüfung der Provenienzen aber koste Zeit und Geld, auch wenn die Vernetzung der Fachleute und eine entsprechende Infrastruktur helfen. «Aber es braucht mehr zusätzliches, speziell geschultes Personal, um so etwas professionell und verlässlich zu machen», sagte Fischer. «Das ist unsere Verantwortung vor der Geschichte.»