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Von wegen brotlose Kunst!

Vom letzten Abendmahl der Gummibärchen bis van Goghs Paprikanacht: Nach dem Twitter-Hype des letzten Jahres präsentiert ein Bildband nun Meilensteine der Kunstgeschichte im bekömmlichen Butterbrotformat

Ja richtig, mit Essen spielt man eigentlich nicht. Geht es aber um ein Projekt mit künstlerischem Anspruch, dürfte es gestattet sein, die Tischmanieren für einen Moment außer Acht zu lassen. Denn, inszeniert auf Holzschneidebrettchen, zwischen Marmeladenglas und Brotmesser empfinden sie die großen Klassiker der Kunstgeschichte nach. Wurstbrote, Käsestullen, Buttersemmel und Nutellaschnitten – liebevoll beschmiert, belegt mit Aufschnitt, Obst und Gemüse, skulptural geformt. Das Messer wird zum Pinsel, der Frühstückstisch zum Atelier. Einige, wie etwa die Graubrot-Mona Lisa, eifern den Vorbildern dabei äußerst detailgetreu nach, andere, das letzte Abendmahl der Gummibärchen zum Beispiel, nehmen sich wiederum künstlerische Freiheiten im Einsatz ihres Belags und der Interpretation des Originals.

Ganz neu ist die Idee allerdings nicht: Schon im Jahr 2012 hat die amerikanische Künstlerin Brittany Powell Werke von Gustav Klimt, Jackson Pollock oder Damien Hirst in Food Art übersetzt. Mit einem Mondrian, den die Bloggerin Marie Sophie Hingst im vergangenen Juli – zunächst aus Spaß – mit Käse, Tomaten und Heidelbeeren nachbaute, entwickelte sich dann aber der Twitter-Trend: Innerhalb weniger Stunden reagierten Gleichgesinnte mit unzähligen Brot-Kreationen à la Jan Vermeer, Albrecht Dürer, Franz Marc oder Joseph Beuys. Kunstwerke von figürlich bis abstrakt wurden zum Gesprächsthema, die Fleischwurst zur Grundlage unzähliger Porträts und #KunstgeschichteAlsBrotbelag Platz eins der deutschen Twitter-Trends. In einem Bildband fasst Marie Sophie Hingst nun die schönsten Ergebnisse zusammen. Wie man diese Stullen-Kunst nun bewertet, liegt wohl an dem Grad an Humor, den man verträgt – zum Anbeißen und alles andere als brotlos ist diese kulinarische Kunst aber zweifelsohne!

Und wie wäre es eigentlich mit einer Monopol-Stulle, aus Pumpernickel und Ziegenkäse? Bon appétit!

Foto: Julia Zalewski