Wohin im Juni?

Was mit Kunst

Alex Bag
„Ähm, ja, ich wollte eben was mit Kunst und finde es so super hier, ähm … “ So karikierte die amerikanische Videokünstlerin Alex Bag in „Untitled Fall ’95“ eine unbedarfte junge Kunststudentin und landete einen echten Insider-Hit: Mehrere Generationen von Nachwuchskünstlern haben sich seitdem über Bags treffende Parodie eines typischen Art-School-Entwicklungsromans amüsiert. Bei der 1969 geborenen Alex Bag trifft die Kunst auf die Welt der Soaps und Realityshows. Hysterie und schrille Übertreibung sind Pflicht bei ihren Performances, für die sie selbst in die verschiedensten Rollen schlüpft. Mit ihrer zupackenden Mediensatire wurde Bag bereits Vorbild einer ganzen Reihe jüngerer Künstler wie Ryan Trecartin oder Shana Moulton. Im Migros Museum Zürich ist nun endlich auch ihr eigenes Werk in einer institutionellen Einzelausstellung zu sehen.
Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, bis 14. August


„Breaking News: Fukushima and the Consequences“
Im Fernsehen passiert es laufend, in Museen fast nie: die Unterbrechung des laufenden Programms aufgrund aktueller Ereignisse. Die Berliner Kunst-Werke schieben nun eine Ausstellung ein, mit der auf die Atomkatastrophe in Japan reagiert wird. Die in Berlin und Köln lebende Malerin Leiko Ikemura hat Kollegen wie Rosemarie Trockel, Curtis Anderson oder Katharina Grosse dazu eingeladen, mit ihren Werken den Konflikt zwischen Natur, Fortschritt und Ökonomie zu reflektieren – Kernthema: „Fukushima und die Konsequenzen“. Selbst ältere Arbeiten wie das apokalyptisch ins Negativ gekehrte Kraftwerkbild des japanischen Fotografen Yutaka Takanashi wirken bestürzend aktuell.
Kunst-Werke, Berlin, 9. Juni bis 17. Juli

André Butzer: „der wahrscheinlich beste abstrakte maler der welt“
Irgendwo in einer Parallelgalaxie liegt Nasaheim. So nennt André Butzer den unerreichbaren Ort, „an dem die Farben aufbewahrt werden“. Neben den bekannten, comichaft-expressiven Malereien stellt der 1973 in Stuttgart geborene Künstler in der Kestnergesellschaft neun „N-Bilder“ aus. In diesen neuen Arbeiten reduziert Butzer sein Formenrepertoire auf wenige geometrische Zeichen. Ein Aufbruch nach Nasaheim, wo „die Bewohner die stillgelegten Vernichtungsmaschinen betrachten und alle, die dort ankommen, unschuldig gemacht werden“ (Butzer), und damit ein Senkrechtstart zur puren Malerei.
Kestnergesellschaft Hannover, bis 14. August

Thomas Houseago: „What Went Down“
Als der Brite Thomas Houseago vor einigen Jahren mit seinen großformatigen Skulpturen begann, konnte es die Kunstwelt nicht fassen: Da wagte es jemand, zurück zur Figur zu gehen, zur Monumentalität und zum großen Gefühl. Die entsetzten Kritiker übersahen, dass Houseagos Kolosse trotzdem extrem zeitgenössisch sind: Sie vermählen archaische Formen und expressionistische Züge mit Anleihen an die Popkultur und stellen dabei ihre eigenen Nähte und Risse und damit das Vorläufige ihrer Existenz mit aus. Im Museum Abteiberg Mönchengladbach hat Houseago, der seit einigen Jahren in Los Angeles lebt, nun seine erste Museumsschau in Deutschland: mit vielen extra produzierten Werken, aber auch Höhepunkten der letzten Jahre, wie der Skulptur „Sprawling Octopus Man“ von 2009.
Museum Abteiberg, Mönchengladbach, bis 19. Juni

Anish Kapoor
Der Name ist Programm: Zur Monumenta im Pariser Grand Palais durften bisher Anselm Kiefer, Richard Serra und Christian Boltanski hyperformatige Arbeiten ausstellen, und auch Anish Kapoor hat sich für die vierte Ausgabe Großes vorgenommen: ein riesiges Objekt in Form vier dunkelroter, miteinander verbundener Blasen. Von einer begehbaren Blase aus lässt sich die „blutrote Leere“ (Kapoor) der drei anderen Gebilde betrachten. Für Irritation soll eine andere Perspektive auf die PVC-Riesenstruktur von außen sorgen. „Dieser Schockeffekt ist wichtig“, sagte der britische Künstler Monopol. „Ich will, dass das Hirn des Besuchers die Vorstellung vom Außen und Innen kaum zusammengesetzt bekommt.“
Grand Palais, Paris, bis 23. Juni

„Art & Cars & Stars“
1986 lockte die Sammlung Daimler Andy Warhol mit einem lukrativen Auftrag: 47 von 80 geplanten Siebdrucken zum Thema „Auto“ schaffte der Pop-Altmeister bis zu seinem Tod im Jahr 1987. Sie stehen im Fokus der Schau „Art & Cars & Stars“, mit der die Kollektion ihre bisher umfangreichste Präsentation bestreitet. Zu den über 250 Exponaten von mehr als 120 Künstlern zählen düstere Airbrush-Gemälde von Robert Longo, Videofilme von Sylvie Fleury und computergenerierte Objekte von Vincent Szarek. Alle sind Bestandteil der Daimler Kunst Sammlung, die zu den bedeutendsten Unternehmenssammlungen Deutschlands gehört – nicht zuletzt, was Gegenwartskunst betrifft.
Daimler Kunst Sammlung im Mercedes-Benz Museum, Stuttgart, bis 25. September

„Bucky Fuller & Spaceship Earth“
Die Doppelschau zu Richard Buckminster Fuller macht froh: Erstens kann man in der von Fullers Freund Sir Norman Foster kuratierten Schau die wichtigsten Werke des visionären Universalgenies teilweise im Original sehen – neben Fotografien, Zeichnungen, Entwürfen, Modellen und Konstruktionen ist ein spektakulärer Nachbau seines futuristischen Autos „Dymaxion Car #4“ ausgestellt. Und zweitens versammeln sich in der angegliederten Ausstellung „Wir sind alle Astronauten“ die interessantesten Gegenwartskünstler, wenn es um die Fortsetzung von Fullers umfassenden humanistischen, radikal ökologischen Gedanken geht: Björn Dahlem und Tomás Saraceno und Olafur Eliasson zum Beispiel. Fuller weiterdenken – nie war das so sinnvoll wie heute!
MARTa Herford, 11. Juni bis 18. September

John McCracken
Ob John McCracken, der kürzlich verstorbene  amerikanische Minimalist, an Ufos glaubte, ist nicht bekannt. Seine Skulpturen jedenfalls sollten nach dem Willen des 1934 geborenen Künstlers so aussehen, als hätte sie ein Außerirdischer geschaffen und auf der Erde deponiert, um seinen Bewohnern Rätsel aufzugeben. Mit über 60 Arbeiten zeigt das Turiner Castello di Rivoli die bislang umfangreichste McCracken-Retrospektive überhaupt. Neben den neutral, vorwiegend rechtwinklig geformten Skulpturen, die der Künstler mit farbigem Polyester oder Spiegelglas überzogen hat, sind bislang nie gezeigte frühe Malereien aus den 60er-Jahren zu sehen, die an Bildzeichen indianischer Kulturen erinnern.
Castello di Rivoli, Turin, bis 19. Juni