Deutsche Bank, Frankfurt

Was zählt, ist die Performance

Auferstanden aus den Ruinen der Finanzkrise präsentiert sich die Deutsche Bank im Frühjahr 2011 wie aus dem Ei gepellt. Die frisch renovierten Türme in Frankfurt sind „grün“, die junge Kunst, die namhafte Berater darin verteilt haben, „globalisiert“. Konkret heißt das, in den Büros hängen nicht mehr nur Beuys, Neo Rauch und andere angeblich junge, wilde deutsche Künstler. Okwui Enwezor, Hou Hanro, Udo Kittelmann und Nancy Spector standen bei der Geldanlage in junge Kunst beratend zur Seite. Während in Turm A die aktuelle Kunstproduktion aus Deutschland und Europa zu Hause ist, ist in Turm B die Avantgarde aus Asien, Amerika, Afrika eingezogen. 1500 Zeichnungen, Collagen und Fotografien von etwa 100 Künstlern aus mehr als 40 Ländern sind zu sehen – alle Ausgestellten sind jünger als 50 Jahre.

So „globalisiert“ wie die neue Kunst in den modernisierten Türmen präsentiert sich auch das Veranstaltungsprogramm „Globe. For Frankfurt and the World“, mit dem die Bank die Neuhängung feiert. Seit Anfang März und noch bis zum 15. April ist in einem flexiblen Raum im Erdgeschoss der Türme Platz für die bewegten Formen der Kunst – also Performance, Film, Video, Konzerte. Für die Auswahl der Liveacts wurde auch hier ein renommiertes Kuratorenteam tätig: Daniel Birnbaum, Direktor des Moderna Museet Stockholm, Leiter der Biennale Venedig 2009 und bisher Rektor der Städelschule, sowie sein Nachfolger dort, der Architekt und Kunsttheoretiker Nikolaus Hirsch, und die Städelprofessoren Willem de Rooij und Judith Hopf. Kollege Tobias Rehberger hat für die Bar das Team seines Offenbacher Lieblingsclubs „Robert Johnson“ geholt und den Raum mit Motiven aus dem New Yorker Punkladen „CBGB“ gestaltet.

Auch künstlerisch wird einiges aufgefahren. Die Abende der ersten Woche gestaltete das interdisziplinär arbeitende Kollektiv Apparatijk, ein, bestehend aus Guy Berryman von Coldplay, Jonas Bjerre von Mew und Magne Furuholmen von A-ha. Ihre Überlegung, der Geldhandel funktioniere ähnlich wie Aberglaube nach geheimnisvollen, undurchschaubaren Regeln, inspirierte Ute Meta Bauer vom MIT Program in Art, Culture and Technology dazu, Daten über die globale Börsenaktivität in ein ominöses Computerprogramm einzuspeisen und als Lichtpunkte an die Wand zu werfen. So entfaltet sich vor den Augen der anwesenden Banker ein bezaubernd schönes Sternbild, pulsierend im Rhythmus des Geldes.

In der dritten Woche zeigte die 2002 von Anjalika Sagar und Kodwo Eshun ins Leben gerufene Otolith Group Audioessays über gescheiterte Utopien und überholte Visionen der Zukunft und ging mit Werner Herzogs Dokumentarfilm „Lessons of Darkness“ der Frage nach, wie die Kunst uns denkt. Unter dem Titel „Fear, Fun und Fire“ zog die israelische Künstlerin Keren Cytter in der vierten Woche das Publikum in die Abgründe zwischenmenschlicher Beziehungen. Ihre Performances und Filme wirkten ähnlich verstörend wie der Lautstärke-Exzess der Londoner Punkband Maria and the Mirrors und Diedrich Diederichsens Vortrag über „Comparative Vadalism in the EU“.

Um den künstlerischen Dialog geht es in den verbleibenden Wochen. Die Chinesin Cao Fei verbindet die globale Popkultur mit Elementen der Peking Oper und des Tanzes. Der Japaner Ei Arakawa untersucht mit seinen Gästen den ästhetischen Transfer zwischen Japan und der westlichen Kunstszene. In der letzten Woche holt der libanesische Performance-Künstler Rabih Mroué die Protagonisten der jungen Beiruter Szene nach Frankfurt.

Angesichts des Spektrums und der hohen Qualität des Programms, mit dem die Deutsche Bank in ihrem "Globe" aufwartet, ist die Anspielung auf das berühmte Londoner Shakespeare-Theater nicht verkehrt. Und noch etwas ist einmalig an diesem temporären Veranstaltungsort: Die große Fensterfront auf die Taunusanlage erlaubt denkwürdige Einsichten über das in diesem Fall so produktive Zusammenspiel von Geld und Kunst. Drinnen windet sich ein halbnackter Tänzer vor einer Videoleinwand, draußen laufen die Banker ihrem Feierabend entgegen. Für beide gilt: Was zählt ist die Performance.

Kostenfreie öffentliche Führung durch die Sammlung an jedem ersten Montag im Monat um 17.30 Uhr nach Anmeldung. Das "Globe"-Programm läuft noch bis zum 15. April. Mehr Information unter http://www.db.com/csr/de/kunst_und_musik/globe.html