Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Eröffnungen der Woche: Tipps für Bremen, Duisburg, Düsseldorf, Frankfurt, Halle, Hamburg, Leipzig, London und Ulm

Bauhaus-Schau in Bremen
Der Bildhauer Gerhard Marcks gehörte zu den ersten Lehrern am Bauhaus. Doch selbst Experten haben dieser wichtigen Zeit in seinem Künstlerleben bisher kaum Beachtung geschenkt. Das will die Ausstellung "Wege aus dem Bauhaus" am Bremer Gerhard-Marcks-Haus ändern. Sie zeigt von diesem Sonntag an anhand von rund 190 Exponaten, wie Marcks (1889–1981) und seine Kollegen an der berühmten Kunstschule in Weimar arbeiteten, gemeinsam Ideen entwickelten und wie vielfältig ihre Ansätze waren. So trifft der Besucher gleich im ersten Raum auf eine Gegenüberstellung von zwei Plastiken, die das ganze Spektrum des Bauhauses veranschaulichen: Marcks' figürliche Holzskulptur "Jüngling" und Oskar Schlemmers "Abstrakte Figur". Marcks kam 1919 auf Einladung seines Kindheitsfreundes Walter Gropius ans Bauhaus, um dort eine Keramikwerkstatt aufzubauen. Marcks war ein Verfechter der Idee, die Kunst durch das Handwerk zu erneuern. Dennoch habe er die industrielle Fertigung nicht per se abgelehnt, sagte Museumsdirektor Arie Hartog am Donnerstag. "Marcks war derjenige, der dafür gesorgt hat, dass seine Studenten die Industrie kennenlernen." Anlass für die Ausstellung ist das 100-jährige Bestehen des Bauhauses 2019. (dpa)
"Wege aus dem Bauhaus", Gerhard-Marcks-Haus, Bremen, 26. November bis 4. März 2018

Rebecca Horn in Duisburg
Richard Serra und Claes Oldenburg zählen zu den Preisträgern, auch Joseph Beuys hat den Wilhelm-Lehmbruck-Preis bekommen. Seit 1966 – damals an Eduardo Chillida – wird die Auszeichnung im Fünfjahreszyklus vergeben. Am 24. November wird mit Rebecca Horn erstmals eine Frau mit dem bedeutenden Bildhauerpreis in Duisburg ausgezeichnet, am Eröffnungstag ihrer Soloschau im Lehmbruck Museum. Warum so spät? Horn war nie der Ellenbogentyp, sondern eine eher stille Künstlerin. Von Distanz und Minimalbewegung ist auch ihr Werk geprägt, es sind die zyklischen Bewegungen, die man in ihren Performances der 70er- oder in Spielfilmen der 80er-Jahre (in "Busters Bedroom" macht ein vollautomatischer Rollstuhl die Gegend unsicher) entdecken kann. Viermal nahm Horn an der Documenta teil, erstmals 1972 an Harald Szeemanns Schau, die auch Performances und Happenings integrierte. Für Horn, in deren Werk Skulptur und Choreografie fließend ineinander übergehen, war die Documenta 5 ein ideales Sprungbrett. Die Künstlerin, 1944 im Odenwald geboren, vergiftete sich im Studium in Hamburg – sie hatte unwissend ohne Schutz mit Polyester gearbeitet – und brauchte zwei Jahre, um sich zu erholen. Fortan setzte Horn vorwiegend organische Materialien wie Baumwolle, Bandagen und Federn ein. Auch ihr einjähriger Sanatoriumsaufenthalt legte Spuren im Werk, wenn sie sich 1972 etwa für die "Bleistiftmaske" Stifte um den Kopf band und wie bei einer Foltermaschine versuchte, damit rhythmisch auf der Wand zu zeichnen. Seit den 90er-Jahren arbeitet Rebecca Horn vorwiegend an kinetischen Skulpturen. In Duisburg sind erstmals ihre neuen Installationen zu sehen: Die "Hauchkörper" bestehen aus überlebensgroßen, spitzen Messingstäben, die sich im Wiegemodus aufeinander zu- und voneinander wegbewegen. Eine Choreografie mit meditativer, entschleunigender Wirkung.
"Rebecca Horn: Hauchkörper als Lebenszyklus", Lehmbruck Museum, Duisburg, 24. November bis 2. April 2018

Jan Böhmermann in Düsseldorf
"Documenta für Arme" hat Harald Schmidt seine Show einmal genannt und so auf die Nähe zwischen dem Late-Night-Format und Kunst hingewiesen. Auch was beim Schmidt-Schüler Jan Böhmermann und seinem im ZDF und bei ZDFneo ausgestrahlten "Neo Magazin Royale" passiert, hat in guten Momenten etwas von der gesteigerten Gegenwartserfahrung, die Künstler manchmal ermöglichen. Im Gegensatz zu Schmidt spricht Böhmermann allerdings nie über Kunst, weshalb die Ankündigung einer Ausstellung von ihm und seiner Kölner Produktionsfima im NRW-Forum überrascht. Sei's drum: Genug visuelles Material hat sich in vier Jahren "Neo Magazin Royale" angesammelt. Und mit der von Böhmermann losgetretenen Staatsaffäre um sein Erdoğan-Schmähgedicht hat es die Frage, wie frei die Kunst sein kann, weltweit in die Schlagzeilen geschafft.
"DEUSCTHLAND: Eine Ausstellung von Jan Böhmermann und btf", NRW-Forum Düsseldorf, 24. November bis 4. Februar 2018

"A Tale of Two Worlds" in Frankfurt
Um Stoff für neue Geschichten zu bekommen, muss man manchmal schlichtweg den Erzähler austauschen. In den vergangenen Monaten haben sich Kuratoren des Museo de Arte Moderno de Buenos Aires die Sammlung des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt vorgeknöpft und aus den Schubladen der westlichen Kunstgeschichte Werke hervorgezogen, die Parallelen zur lateinamerikanischen Nachkriegsavantgarde aufweisen. Rund 500 dialogisch angeordnete Arbeiten von mehr als 100 Künstlern sollen jetzt "A Tale of Two Worlds", also eine Geschichte zweier Welten, darlegen. Um ein Beispiel aus der umfangreichen Schau zu nennen: Wie wäre es, wenn man ein berühmtes Bild wie Roy Lichtensteins "Yellow and Green Brushstrokes" aus dem Jahr 1966 einmal nicht als paradigmatisches Bindeglied zwischen Abstraktem Expressionismus (aufgrund der vermeintlich freien Gestik) und Pop-Art (in Wahrheit überträgt Lichtenstein mithilfe von Overheadprojektor und Schablonen die schematische Bildsprache des Comicstrips in die Malerei) betrachtete? Sondern das Werk in Beziehung setzte zu dem Argentinier Kenneth Kemble, der vom Informel herkommend bereits ab 1960 ganz ähnlich verfährt und penible Rasterungen auf seine Leinwand überträgt? Es geht dabei um weit mehr als kuratorisches Memory-Spielen. Seit einigen Jahren bemühen sich Museen, den "westlichen Kanon aufzubrechen" und eine "globale Perspektive" einzunehmen. Von bislang vernachlässigten Avantgardezentren wie Buenos Aires (oder auch Mexiko-Stadt, Neu-Delhi, Kairo, Istanbul) aus betrachtet, zeigt sich die Kunstgeschichte in einem anderen Licht, öffnen sich jenseits des vermeintlichen, vom Kalten Krieg geprägten Widerspruchs zwischen Abstraktion (als westlichem Ideal des autonomen Künstlersubjekts) und Figuration (als Doktrin des sozialistischen Realismus) "dritte Wege", wird der Übergang von der Moderne zur Postmoderne brüchig. Es zeigen sich alternative, möglicherweise ja durchaus zukunftsweisende Vorstellungen davon, was ein Kunstwerk ist und soll. Darum ist es gut, dass sich die MMK-Ausstellung, Teil des Programms "Museum Global" der Kulturstiftung des Bundes, nicht in der Eingemeindung bislang übersehener Positionen erschöpft, sondern die Federführung an die argentinischen Kollegen abgibt. Hervorgehoben werden in Frankfurt dabei auch die spezifischen sozialen und politischen Kontexte: Ohne Rückbindung an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lassen sich Kunstgeschichten nirgendwo und von niemandem erzählen.
"A Tale of Two Worlds", Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, 25. November bis 2. April 2018

Burg Giebichenstein zeigt Werke von Studenten
Ein Gewand aus flach gedrückten Kronkorken oder eine Installation aus dem Federkern einer Matratze und Glasscherben: Studenten der Klasse Bildhauerei/Metall der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle präsentieren ihre Arbeiten in einer eigenen Ausstellung. Verwendet haben die Studenten aber nicht nur Metall, sondern auch zahlreiche andere Werkstoffe wie Wachs, Latex, Holz, Textilien oder Papier. Gezeigt werden 22 Werke, wie die Hochschule mitteilte. Darunter sind Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Holzschnitte. Die Schau trägt den Titel "Bitte stehen lassen. Eine Versuchung". Auslöser dafür sei ein beiläufig auf einen Zettel geschriebener Satz gewesen, hieß es. Die Studenten hätten darin das schöpferische Potenzial des Missverständnisses erkannt. (dpa)
"Bitte stehen lassen. Eine Versuchung", Burg Giebichenstein, Halle, bis 11. Januar

"add art" in Hamburg
An diesem Wochenende öffnen zum fünften Mal Unternehmen und Institutionen in Hamburg ihre Räume für die Öffentlichkeit und zeigen Kunst. Unter den 20 Teilnehmern sind Unternehmen, die bereits Kunst in ihren Räumen haben sowie Firmen, die speziell zu diesem Anlass Werke von Nachwuchskünstlern der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg präsentieren. Neben täglichen Führungen durch die Unternehmen gibt es am Samstag auch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Kunst für alle! Zwischen Mission und Kommerz den richtigen Weg finden".
"add art" – Hamburgs Wirtschaft öffnet Türen für Kunst", verschiedene Orte, Hamburg, bis 26. November

Jasper Morrison in Leipzig
Supernormal – mit diesem paradoxen Begriff charakterisierte hat der Designer Jasper Morrison seine ästhetische Zielsetzung umschrieben. Der 1959 in London geborene Gestalter hat Stühle, Sessel, Trinkgläser, Lampen oder Schuhe geschaffen, denen man die Mühen der Konzeption nicht ansieht. Die mit Firmen wie Alessi, Cappellini, Muji oder Vitra realisierten Objekte wirken auf simple Weise schön, sie gehen in ihrer Funktion auf. Das Wohn- und Küchenmobiliar und die Heimelektronik in der Ausstellung "Thingness" im Leipziger Grassi Museum wird durch Archivmaterial zu Jasper Morrison ergänzt.
"Jasper Morrison: Thingness", Grassi Museum für angewandte Kunst, Leipzig, bis 6. Mai

Modigliani in London
Die sinnlichen Akte, Skulpturen und Porträts des italienischen Malers und Bildhauers Amedeo Modigliani (1884-1920) sind Thema einer neuen Ausstellung in der Tate Modern in London. Die Tate hat dazu in einer der bisher größten Ausstellungen über den Künstler rund 100 Werke von 70 öffentlichen und privaten Leihgebern zusammengetragen. Die Schau bietet nach den Worten von Tate-Direktorin Frances Morris die Chance der Neubewertung eines der "in der Geschichte verlorenen" größten Künstler des 20. Jahrhunderts. Präsentiert wird das Werk Modiglianis nach seiner Ankunft in Paris 1906, wo er unter anderem von der Kunst von Paul Cézanne, Henri Toulouse-Lautrec, Pablo Picasso und Kees van Dongen inspiriert wurde. Deutlich wird herausgestellt, dass der Italiener erst durch seine vorübergehende Beschäftigung mit der Bildhauerkunst seinen eigenen, markanten Stil in der Malerei fand. "Die länglichen ovalen Gesichter mit den Schwanenhälsen und Mandelaugen tauchten danach bald in seinen Gemälden auf", heißt es in der Tate. Die Galerie präsentiert neun der insgesamt 28 von Modigliani geschaffenen Plastiken von Frauenköpfen eindrucksvoll in einem gesonderten Raum. Als seltenes Highlight werden zwölf Aktgemälde des Künstlers zusammengeführt. Die seinerzeit wegen der gezeigten Schamhaare als skandalös verschrienen Werke reflektieren nach Angaben der Tate die sich verändernde gesellschaftliche Rolle der Frau zur Zeit des Ersten  Weltkriegs zu mehr Unabhängigkeit und Akzeptanz. Modigliani starb 1920 mit nur 35 Jahren. (dpa)
"Modigliani", Tate Modern, London, bis 2. April 2018

Stefanie Gutheil in Ulm
Wie Miniaturbühnen wirken die Bilder der jungen Berlinerin, ein Effekt, der durch spezielle Rahmungen mit Plastik und Holz und durch Schnüre, die sich über die Bilder ziehen, verstärkt wird. Aufgeführt werden Szenerien zwischen Anarchie und Alptraum: wurmförmige Mischwesen zwischen Tier und Mensch ringen um Balance, jeder Versuch um Ordnung verpufft in Absurdität – oder ist es gerade andersherum? Szenen aus den Filmen Tim Burtons kommen in den Sinn, die feministische Schlachteplatte einer Nicole Eisenmann, das bad painting all jener, die montags vergeblich den großen braunen Molch aus dem Kopf kriegen wollen. Mit "Fitz Fatz Peng" ist im Kunstverein Ulm ab Samstag die erste große institutionelle Einzelausstellung der 1980 in Ravensburg geborenen Künstlerin zu sehen.
"Stefanie Gutheil: Fitz Fatz Peng", Kunstverein Ulm, 26. November bis 7. Januar 2018, Eröffnung: Samstag, 25. November, 19 Uhr