Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Brüssel, Dresden, Hannover, Innsbruck, Köln, Saarbrücken, Speyer und Winterthur


Horst Janssen in Berlin

Zeichner, Grafiker und Autor: Horst Janssen (1929-1995) war ein Allround-Talent und äußerst erfolgreich. Eine Ausstellung in der Berliner Surrealisten-Sammlung Scharf-Gerstenberg zeigt  einen Querschnitt aus dem Werk des Künstlers. "Lebenskleckse-Todeszeichen" nennt sich die Schau, die sich mit rund 120 Zeichnungen, Radierungen, Fotografien und Collagen einer weniger bekannten Seite aus dem Lebenswerk Janssens widmet.

Eine wichtige Rolle spielen dabei Arbeiten, für die sich Janssen in der Tradition der Surrealisten der Mittel des Zufalls bediente. Aus Klecksen ließ er ganze Landschaften entstehen, Schattenumrisse und schwarze Löcher. Die Ausstellung stellt sich dabei die Frage, wie jene Werke entstanden, die heute als "typisch Janssen" gelten - Landschaften, Porträts und Selbstporträts, den Blumenstillleben und den so genannten Kopien nach dem Japaner Hokusai oder den Alten Meistern. Die Ausstellung läuft bis 3. Mai 2020.

Nach dem Studium an der Hamburger Kunstakademie und dem Besuch der Klasse für freie Grafik bei Alfred Mahlau Ende der 1950er-Jahre war Janssen zunächst durch seine großformatigen Holzschnitte und Radierungen bekannt geworden. Später widmete er sich der Aquarellmalerei. Eine erste große Werkschau bekam er 1965 in Hannover, 1968 wurde er auf der Biennale von Venedig mit dem Großen Preis für Grafik geehrt. Von den 60er Jahren bis zu seinem Tod schuf er mehr als 50 Radierzyklen und Tausende Einzelblätter. Seine Werke waren unter anderem in Ausstellungen in New York, Tokio, Moskau, Rom, Oslo und Paris zu sehen.(dpa)

"Lebenskleckse-Todeszeichen", Sammlung Scharf-Gerstenberg, Berlin, bis 3. Mai 2020


Elfriede Jelinek in Berlin

Jelinek 1988, ein Jahr vor dem Taumel der Wiedervereinigung mixte sie Hölderlin und Nazisprache, RAF-Texte und Erhabenheitsrausch zu einer hellsichtigen Packung Identitätsgedröhn. Unter der Regie von Martin Laberenz kämpfen sich die fünf Schauspieler mit Leichtigkeit durch das komplizierteTextgewitter. Dazu tragen sie ganz fabelhafte Kostüme von Aino Laberenz, die das komplexe Vokabular von Balenciaga oder Vetements beherrscht.

"Wolken.Heim." Elfriede Jelinek, Deutsches Theater Berlin, 7. Dezember, 20 Uhr, mit englischen Übertiteln


Keith Haring in Brüssel

Homophobie, Rassismus, soziale Ungerechtigkeit, Aids: Themen, die Keith Haring in seinem unverwechselbaren Bilduniversum aus Schlangen, Totenköpfen, Hunden und Schlagstöcken als Penis zum Ausdruck bringt. Mit einer bedeutenden Retrospektive will das Kunstmuseum Bozar in Brüssel zeigen, dass der amerikanische Pop-Art-Künstler so aktuell ist wie nie. Anlass für die Ausstellung ist der 30. Todestag von Haring, der am 16. Februar 1990 mit 31 Jahren an den Folgen der Immunschwächekrankheit Aids gestorben ist. Sie dauert bis zum 19. April und wird ab 29. Mai in Essen im Folkwang Museum zu sehen sein.

Den US-Amerikaner ohne konkreten Gesellschaftsbezug zu zeigen, ergebe keinen Sinn, sagt die Co-Kuratorin Tamar Hemmes. Haring habe seine Werke vor dem Hintergrund der 1980er-Jahre erschaffen. Und das waren Jahre der Krise, die von Aids, Rassismus, dem Kalten Krieg und den Auswüchsen des Kapitalismus geprägt waren.

Plastikplanen, Motorhauben, Fassaden, leere Plakatwände in der U-Bahn. Haring hat mit seinen bunten Linien und Symbolen alles bemalt, was er bemalen konnte, auch den Körper der jamaikanische Sängerin und Mode-Ikone Grace Jones, wie die Retrospektive zeigt. Denn eines seiner Credos lautete: Kunst ist für jedermann. Die Werkschau ist in Zusammenarbeit mit der Stiftung entstanden, die Haring 1989 gegründet hat und heute sein Engagement im Kampf gegen Aids und zur Unterstützung sozial benachteiligter Jugendlicher fortsetzt. (dpa)

"Keith Haring", Bozar, Brüssel, bis 19. April 2020


Johann Heinrich Köhler in Dresden

Mit einer kleinen Ausstellung macht das Dresdner Grüne Gewölbe, das gerade wegen des spektakulären Juwelendiebstahls aus seiner Schatzkammer in den Schlagzeilen steht, nun wieder mit Kunst von sich reden. Bis Anfang März 2020 wird ein fast unbekannter Meister der Goldschmiedekunst gezeigt. Erstmals gibt die Ausstellung einen Überblick über das Schaffen von Johann Heinrich Köhler (1669-1736), der im 18. Jahrhundert neben dem berühmten Johann Melchior Dinglinger Hofjuwelier war.

Der aus Bad Langensalza in Thüringen stammende Köhler kam in den 1690er-Jahren nach Dresden. 1718 wurde er Hofjuwelier - und Dinglingers schärfster Konkurrent. "Er stand stets in dessen Schatten, aber suchte sich souverän Nischen", sagt Kuratorin Ulrike Weinhold. Davon zeugen 23 Arbeiten im Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes und weitere in der Dauerausstellung. (dpa)

"Der Dresdner Hofjuwelier Johann Heinrich Köhler", Neues Grünes Gewölbe, Residenzschloss, Dresden, bis 2. März 2020


Hassan Khan und Eva Kot'átková in Hannover

Die Kestner Gesellschaft Hannover zeigt von Samstag an zwei neue Ausstellungen mit raumgreifenden Installationen. Hassan Khan und Eva Kot'átková verbinden unterschiedliche Medien und kommentieren auf diese Weise beispielsweise die Entstehung von Unterdrückung, Gewalt oder Hass in sozialen Medien.

So zeigt Khan, Professor an der Frankfurter Städelschule, ein riesiges Plüschschwein mit gefletschten Zähnen nach dem Gang durch einen Raum mit einem verstörenden Foltervideo. In einem anderen Raum tauchen die Besucher in ein Farbenspiel, erleben an Aufmärsche und Maschinenpistolen erinnernde Klatsch-Rhythmen. Auf Stromkästen tauchen Signalworte auf. Es gehe ihm auch darum, die menschliche Psyche zu erkunden, sagte der 44-Jährige bei der Vorbesichtigung der bis zum 9. Februar laufenden Schau "Host". Der britisch-ägyptische Künstler, Musiker und Schriftsteller lebt in Berlin und Kairo und ist Preisträger des Silbernen Löwen der Biennale Venedig 2017.

Die Tschechin Eva Kot'átková wird mit rund zehn Werken im Obergeschoss vorgestellt. "In the body of a fish out of water" lautet der Titel ihrer Ausstellung. Eine begehbare Installation aus zusammengenähten Stoffen erinnert an einen lebendigen Organismus. Die 27-Jährige entwickele hiermit einen Gegenentwurf zur Gefangenschaft in sozialen Normen, erklärte Kestner-Direktorin Christina Végh. Sie sieht starke Bezüge zwischen beiden Künstlern. Beide beschäftigten sich damit, wie mit der verstärkten Polarisierung in der Gesellschaft umzugehen sei. (dpa)

Eva Kot'átková "In the body of a fish out of water", Kestner Gesellschaft, Hannover, 7. Dezember bis 9. Februar 2020

Hassan Khan "Host", Kestner Gesellschaft, Hannover, 7. Dezember bis 9. Februar 2020

Eröffnungen: Freitag 6. Dezember 2019, 18.30 Uhr



Gelächter in Innsbruck

"Durch eine Mimik, bei der der Mund in die Breite gezogen wird, die Zähne sichtbar werden und um die Augen Fältchen entstehen, Freude, Erheiterung, Belustigung o. Ä. erkennen lassen" so lautet die erste Definition des Begriffs "Lachen", die im Duden zu finden ist. Sie lässt schon erahnen, dass es sich bei diesem Akt nicht immer um eine freudige Reaktion handeln muss.

Wie in dem Film "Joker" zu sehen, kann Lachen als Ausdruck eines psychischen Zustandes manchmal sogar Momenten der Unsicherheit entspringen. Im Innsbrucker Taxispalais haben sich die fünf Künstler und Künstlerinnen Antonia Baehr, Iman Issa, Stefan Klampfer, Sophia Mairer und Roee Rosen in ihren Arbeiten dem Thema des Lachens gewidmet und zeigen in interdisziplinären Werken die unterschiedlichen Aspekte des Impulses auf.

Die Ausstellung "Lachen" ist der letzte Teil einer Ausstellungstrilogie zu Alltagspraktiken, denen ein utopisches Moment innewohnt: Die Serie startete 2018 mit den Ausstellungen "Lieben" und "Sex"

"Lachen", Taxispalais Kunsthalle Tirol, Innsbruck, bis 15. März 2020



Nachdenken über TV-Serien in Köln

Serien allein auf dem Sofa bingewatchen ist schön. Noch schöner ist es allerdings, klugen Menschen beim Reden über Serien zuzuhören. In der Temporary Gallery in Köln findet am Freitag und Samstag das Symposium "I am the Danger! The Art of TV Series" statt, auf dem die Theorie zu den vielen bunten Bildern der TV-Sender und Streaming-Plattformen im Mittelpunkt steht. Außerdem geht es darum, wie sich Künstlerinnen und Künstler TV-Serien aneignen. Unter anderem spricht die Monopol-Autorin Sarah Khan über die Arztserie Dr. House als Denkfabrik. 

"I am the Danger! The Art of TV Series", Temporary Gallery, Köln, bis 7. Dezember 


Man Ray in Saarbrücken

Man Ray, mit bürgerlichem Namen Emmanuel Rudnitzky, zählt zu den zentralen Protagonisten der europäischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Dem Fotografen, Filmregisseur, Objektkünstler und Maler widmet die Moderne Galerie des Saarlandmuseums ihre nächsten Ausstellung: Von Samstag bis zum 8. März 2020 rückt sie mit "Man Ray - Zurück in Europa" seine weitgehend vergessenen Ausstellungsbeteiligungen in Saarbrücken von 1951 bis 1954 in den Mittelpunkt.

"Es ist eine in der Relation kleine Ausstellung", räumt Museumsdirektor Roland Mönig ein, "aber ich glaube, in dem Input, in der wissenschaftlichen Recherche, in der Frage, was ist eigentlich die Geschichte des Museums hier in Saarbrücken, die Geschichte der Moderne in Saarbrücken, möglicherweise die Geschichte der Moderne in Europa, eine intensive und nachhaltige Ausstellung."

Man Ray hielt sich 1952 in Saarbrücken auf, um eine Ausstellung über den Surrealismus zu betreuen. Von 1951 bis 1954 nahm er an den beiden ersten legendären Ausstellungen Otto Steinerts mit dem Titel "Subjektive Fotografie" teil. "Man Ray - Zurück in Europa" zeigt seltene Spuren dieser intensiven Beziehung zu Saarbrücken. (dpa)

"Man Ray - zurück in Europa", Moderne Galerie, Saarlandmuseum, Saarbrücken 07. Dezember 2019 bis 8. März 2020

Eröffnung: Freitag 6. Dezember 2019, 19 Uhr


Medizingeschichte in Speyer

Schädelbohrer, Knochensägen und eine gläserne Frau: Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt von Sonntag an die Ausstellung "Medicus - Die Macht des Wissens" mit rund 500 Exponaten, unter anderem aus dem Louvre in Paris. "Wir vereinen für ein halbes Jahr Spitzenstücke der Medizingeschichte aus 5000 Jahren", sagt Museumsdirektor Alexander Schubert.

Bezug nehmend auf den Roman "Der Medicus" (1986) von Noah Gordon stellt die Ausstellung die Frage, wie medizinische Kenntnisse von der Antike bis in die Gegenwart weitergegeben wurden. Dabei spielt das Spannungsfeld zwischen Glaube und Wissen eine wichtige Rolle.

Mesopotamische Tontafeln überliefern jahrtausendealte Rezepte, für das Wissen der Moderne steht die "Gläserne Frau". Die Figur gibt Einblick auf Skelett und Organe sowie auf Blut- und Nervenbahnen. Daneben zeugen etwa Handschriften, Amulette und Aderlassschüsseln vom ewigen Wunsch nach Gesundheit. Im Katalog zur Ausstellung wird auch die heute oft modische "Selbstoptimierung" des Körpers gestreift.

Die reichhaltige Schau, die bis zum 21. Juni 2020 läuft, ist in mehrere Themenbereiche eingeteilt. Unter "Die Welt der Götter" ist etwa die Heilkunde im alten Ägypten zu sehen, der Bereich "Klöster und Apotheken" nimmt unter anderem Bezug auf die Verfilmung von "Der Medicus", und "Wege des Wissens" zeigt das Sezieren von Körpern. (dpa)

"Medicus - Die Macht des Wissens" , Historisches Museum der Pfalz, Speyer, 8. Dezember bis 21. Juni 2020


Bilder der Nacht in Winterthur

Das Fotomuseum Winterthur zeigt in der Ausstellung "Because the night" Fotografien junger Künstler, die sich mit dem Thema der Nacht auseinandergesetzt haben. Ob Eskapismus oder politischer Akt: Das schützende Dunkel der Nacht ermöglicht Grenzüberschreitungen. Dass die Nacht den Liebenden und der Lust gehört, stellen Tobias Zielonys Fotografien der queeren Underground-Techno-Szene Kiews ebenso unter Beweis wie die brasilianischen Brega-Musiker, die in Bárbara Wagners und Benjamin de Burcas Videoarbeit nach Feierabend ihrem Alltag entrücken.

Bieke Depoorters Serie "Agata" zehrt von der augenblicklichen Intimität, ­die aus dem einvernehmlichen Wissen erwächst, dass man sich bei Tageslicht nicht wiederbegegnen wird. Die Fotografin und ihr Modell lernen sich in einem Stripclub kennen und haben seitdem viele Nächte miteinander verbracht. Nicht nur Agata wird portraitiert, sondern auch das Umfeld, in dem sie sich bewegt. Das Nachtleben in Paris.

Von der Brutalität der Nacht hingegen erzählt Thembinkosi Hlatshwayos Serie "Slaghuis": In Bildern voller Schmutz, Brandlöcher und zerbrochenen Flaschen verarbeitet er seine Jugend als Bewohner einer illegalen Taverne in einem Johannesburger Township. Georg Gatsas begann gegen Ende der 2000er, die aufblühende Londoner Dub­step-Szene zu porträtieren. Auf seinen Bildern tauchen DJs, Tänzer und andere Nachtschwärmer auf. Vielleicht verschwindet ein Stück des nächtlichen Zaubers, sobald man versucht, ihn festzuhalten. Trotzdem gewinnen die jungen Positionen in Winter­thur an den kürzesten Tagen des Jahres der Dunkelheit etwas sehr Feierliches ab.

"Because the night", Fotomuseum Winterthur, 7. Dezember 2019 bis 16. Februar 2020

Eröffnung: Freitag 6. Dezember 2019, 18 Uhr