Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Hamburg, Paris, Stralsund und Zürich


Aliens in Berlin

Die Wesen sehen aus wie in einem Science-Fiction-Film. Mit großen Schädeln, schwarzen Augen und verbeulten Körpern. An der Berliner Volksbühne erzählen sie nun die Geschichte von Oscar Wildes "Salome". Und zwar etwas anders als üblich. Das Theaterstück "Final Fantasy, handelt von Lust und Begierde, Macht und Blutrache. Inszeniert wird es von Lucia Bihler (Jahrgang 1988), die seit Sommer neue Hausregisseurin der Volksbühne ist. Das Publikum nimmt sie nun mit durchs Treppenhaus zu einer Seitenbühne im dritten Stock. Hinter einem durchscheinenden Stoff erzählen fünf Schauspieler im Alien-Kostüm von Prinzessin Salomes Begierden, die blutig enden.

Bihler setzt auf verzerrte Stimmen, leicht eklige Videosequenzen und Porno-Anspielungen. Sie erzählt etwas über das Frauenbild früherer Zeiten. Etwa wenn Aliens auf einem Zettel verdutzt lesen, wie viel Übel die lüsterne Frau angeblich bringt - Stichwort Eva. "Final Fantasy" sei der Versuch, "Wünsche, überlieferte Vorstellungen und Imaginationen mit anderen Augen zu erzählen", heißt es in der Ankündigung der Volksbühne. Die andere Perspektive macht es interessant und klug. Das gut einstündige Stück hätte da gar nicht so viele Videoszenen und andere Effekte gebraucht. (dpa)

"Final Fantasy" nach Oscar Wildes "Salome", Volksbühne, Berlin, 13. und 15. Dezember

"Final Fantasy" nach Oscar Wilde an der Berliner Volksbühne
Foto: Katrin Ribbe

"Final Fantasy" nach Oscar Wilde an der Berliner Volksbühne


Raffael in Berlin

Noch vor Beginn des großen Raffael-Jahres zum 500. Todestag des Renaissance-Stars wirft Berlin einen intensiven Blick auf die frühen Madonnen des italienischen Malers. Dafür kann die Gemäldegalerie neben den fünf Madonnen aus eigenen Beständen auch die "Madonna mit den Nelken" aus der National Gallery London präsentieren, die für die Ausstellung erstmals seit dem Erwerb die britische Insel verlassen durfte. "Raffael in Berlin. Die Madonnen der Gemäldegalerie" ist als intensiver Blick auf das frühe Werk von Raffaello Sanzio da Urbino (1483-1520) bis zum 26. April zu sehen.

Die Ausstellung erzählt für Kuratorin Alexandra Enzensberger auch den Berliner Blick auf den italienischen Künstler. Die Madonnen seien zwischen 1821 bis 1854 erworben worden. In dieser Zeit der Gründung des Berliner Museums sei der junge Raffael besonders begehrt gewesen. Auch die "Madonna mit den Nelken" war dabei für Berlin im Gespräch, ein möglicher Ankauf wurde aber als zu teuer eingeschätzt. Die "Madonna Terranuova", in Berlin nun dominierend präsentiert, kostete 37 500 Taler - mit deutlichem Abstand die teuerste Erwerbung der damaligen Zeit.

Die Madonnen eröffnen einen Reigen von drei Raffael-Ausstellungen in Berlin. Im Januar folgt ein Zyklus zum Leben Raffaels mit Radierungen von Johannes Riepenhausen (1787-1860), von Februar an werden Meisterwerke Raffaels aus dem Kupferstichkabinett präsentiert. Die National Gallery plant ihre Raffael-Ausstellung im Herbst kommenden Jahres. (dpa)

"Raffael in Berlin. Die Madonnen der Gemäldegalerie", Gemäldegalerie, Berlin, bis 26. April 2020


Goya, Fragonard und Tiepolo in Hamburg

Mit "Goya, Fragonard, Tiepolo. Die Freiheit der Malerei" widmet die Hamburger Kunsthalle gleich mehreren Wegbereitern der Moderne eine Ausstellung. Bis zum 13. April sind rund 100 bedeutende Gemälde und Grafiken aus wichtigen nationalen und internationalen Museen zu sehen. Francisco José de Goya (1746-1828), Jean-Honoré Fragonard (1732-1806), Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) und sein Sohn Giovanni Domenico Tiepolo (1727-1804) reagierten mit ihrer Kunst auf die weltanschaulichen, politischen und gesellschaftlichen Umbrüche des 18. Jahrhunderts.

"Mit ihrer Kunst leiteten sie bereits Mitte des 18. Jahrhunderts einen Stilwandel ein und stellten mit ihrer innovativen Formensprache die Weichen für den Weg in die Moderne, bevor mit der Französischen Revolution ab 1789 endgültig der radikale Umbruch vollzogen wurde", sagt Kuratorin Sandra Pisot. Die Ausstellung verdeutliche in eindringlichen Bildern diesen Entstehungsprozess und zeichne anhand der unterschiedlichen Schaffensperioden der ausgewählten Künstler die grundsätzlichen Veränderungen nach, mit denen in den Zentren Venedig, Paris und Madrid die Grundlagen der Moderne geschaffen wurden.

"Goya, Fragonard, Tiepolo. Die Freiheit der Malerei", Hamburger Kunsthalle, 13. Dezember 2019 bis 13. April 2020


Pierre Soulages in Paris

Frankreich feiert den 100. Geburtstag des französischen Malers Pierre Soulages mit zwei ganz besonderen Hommagen. Der Louvre widmet dem Künstler erstmals eine Retrospektive. Im prachtvollen "Salon carré" präsentiert das Museum 19 Werke, die seine künstlerische Entwicklung markieren. Unter den Exponaten befinden sich seine ersten Bilder, die ab Mitte der 40er-Jahre entstanden sind, darunter die einzige erhaltene Nussbeize-Arbeit auf Leinwand, sowie seine jüngsten Acrylgemälde, die er im Herbst 2019 eigens für die Louvre-Ausstellung vollendet hat.

Soulages feiert am 24. Dezember seinen 100. Geburtstag. Die zweite Schau zu seinen Ehren findet im Centre Pompidou statt, das innerhalb seiner Dauersammlung einige der bedeutendsten Arbeiten aus den Jahren 1948 bis 2002 vereint. Soulages hat sich mit seiner Radikalität, mit der er seit Jahrzehnten die Farbe Schwarz als Träger des Lichts einfängt, in der Kunstgeschichte einen besonderen Platz geschaffen. Beide Ausstellungen dauern bis zum 9. März 2020. (dpa)

"Soulages au Louvre", "Salon carré", Louvre, Paris, bis 9. März 2020


Warenhauskultur in Stralsund

Im Stralsund Museum wird an den Warenhausgründer Leonhard Tietz erinnert, der vor 140 Jahren in der Hansestadt sein erstes Textilwarengeschäft eröffnete. Der jüdische Kaufmann warb mit Umtauschrecht und festen Preisen für sein Warenhaus, das er dicht neben dem Geschäft der Familie Wertheim betrieb.

Aus den Häusern der Familie Tietz entwickelten sich die Warenhausketten Hertie und Kaufhof. Die beiden deutsch-jüdischen Familien erprobten in Stralsund revolutionäre Verkaufsprinzipien, bevor sie den Sprung nach Berlin und andere Städte wagten und so die deutsche Warenhauskultur begründeten.

Tietz verlegte seinen Firmensitz später von Stralsund nach Köln und baute ein Warenhausimperium im Westen Deutschlands auf. Die Erfolgsgeschichte der Familie endete mit der Emigration nach Palästina. Nach 1933 wurde das Unternehmen als Westdeutsche Kaufhof AG betrieben, die später in der Galeria Kaufhof GmbH aufging. Auch die Familie Wertheim wurde von den Nationalsozialisten enteignet. Der nach dem Zweiten Weltkrieg wiedergegründete Kaufhauskonzern ist später von Hertie und dann von Karstadt übernommen worden. (dpa)

"140 Jahre Leonhard Tietz in Stralsund", Stralsund Museum, bis 29. März 2020

Warenhaus der Familie Tietz, um 1903
Foto: Courtesy Stralsund Museum und Friederike Fechner

Warenhaus der Familie Tietz, um 1903


Marianna Simnett In Zürich

"Lab Rats" heißt die Ausstellung mit interdisziplinären Werken der Künstlerin Marianna Simnett in der Kunsthalle Zürich. Der Betrachter wird Teil einer Art Versuch, vielleicht eine Laborratte? Er wird den Eindrücken von Videoinstallationen ausgesetzt, durch die zum Teil auch körperliche Reaktionen hervorgerufen werden. Marianna Simnett seziert den menschlichen Körper geradezu in der Kamera. Ideen von kindlicher Unschuld treffen auf medizinische Eingriffe und surrealistische Ereignisse in Organismen. Ein Euter wird ein riesiges Filmset, aus der Nase eines Mädchens werden merkwürdige Dinge herausoperiert.

Marianna Simnetts Arbeiten in Zürich bilden einen Parcours aus Video- , Licht- und Rauminstallationen sowie Skulpturen und Zeichnungen. Die britische Künstlerin will das normierte Verständnis vom Erleben von Körperlichkeit hinterfragen und deren Grenzen ausloten.

"Lab Rats" Kunsthalle Zürich, 14. Dezember bis 9. Februar 2020

Eröffnung: 13. Dezember, 18 bis 21 Uhr