Tipps von Jeunes Commissaires (2)

Wohin in Paris?

La Tour Treize
La Tour Treize – ein mit Neonfarbe gestrichenes Hochhaus im 13. Pariser Arrondissement – beherbergt im Rahmen eines auf sieben Monate angelegten Residenzprogramms über 100 Künstler aus 18 verschiedenen Ländern: Ein Spaziergang durch die einzelnen Appartements des ehemaligen Wohnhauses eröffnet den Blick auf künstlerische Polyphonie: Wir sind fasziniert vom skulpturalen Durcheinander des Franzosen Sambre, der heterogenen Installation des Brasilianers Flip, dem Fresko des Kolumbianers Stinkfish und des Spaniers Btoy, nicht zuletzt von den Arbeiten des Tunesiers Shoof, die dessen düstere Weltsicht offenbaren.

104 Kléber
Inspiriert von Warhols „Factory" und den Phalanstères des 19. Jahrhunderts verfolgen Anatole Maggiar und Paul Armand-Delille in ihrer Kunst- und Kreativagentur MAD einen experimentellen Ansatz. Dazu arbeiten sie überwiegend mit jungen zeitgenössischen Künstlern zusammen: Darunter das Londoner Kollektiv "Peckham Bad Boys Club" (James Balmforth, James Capper, Nathan Cash Davidson, Bobby Dowler, Christopher Green, Oliver Griffin, Shaun McDowell), dessen letzte Ausstellung eine überschwängliche Kritik in der "Financial Times" bekam.

La Villa du Lavoir
Inmitten des 10. Arrondissements liegt die Villa du Lavoir versteckt, ein von Künstlern und Kreativen besetztes Haus mit gleichnamigem Programm für Künstleraufenthalte. Bereits Vincent Ganivet, Clément Rodzielsky, Dean Daderko, Christophe Fiat und Dominique Blais haben hier gelebt und gearbeitet. Der Wunsch, die Vielschichtigkeit der Kunst zu fördern, hat bereits über einhundert Kreative aus der ganzen Welt in die Villa du Lavoir geführt. Im Oktober werden hier Arbeiten von Fayçal Baghrich ausgestellt, die Begriffe wie Identität und Zugehörigkeit verhandeln und erforschen: Aus einem Sammelsurium an Berichten, Objekten und Filmen entstehen Bilder, die sich jedoch einer klaren Herkunfts-Bestimmung entziehen.
70 rue René Boulanger, 75010 Paris

Le Commissariat
Momentan im Treize in Ménilmontant untergebracht, unterstützt Le Commissariat – eine Initiative der Kuratoren Matthieu Clainchard und Dorothée Dupuis – junge Künstler. In der Ausstellung „Pavillon Moret“ zeigt die Kuratorin Anne-Claire Duprat derzeit Arbeiten von Sophie Lamm, Lucille Uhlrich, Sarah Tritz sowie Marion Verboom, denen allesamt ein Artikulationsmoment des Organischen innewohnt: Malereien auf Holz, die mit dessen Materialität spielen, expressionistische Skulpturen als Ansammlung unterschiedlichster Figuren, weitere zwischen Totem und Reliquie oszillierende Skulpturen, sowie pflanzliche Architekturen, zu Stein erstarrt.

Die Fabrik von Morgane Tschiember
Diese im Eiffel-Stil gehaltene Architektur ohne tragende Wand ist nicht nur das Atelier einer Künstlerin, sondern in ihr kommen im Rahmen von Künstlerstipendien bis zu zwanzig Personen unter. Ein wahrer Bienenstock, dessen Energie ansteckt und nach außen getragen wird: Man setzt auf die Zusammenarbeit mit den Bewohnern des Quartiers und auf interdisziplinären Austausch. Yvan Argote, David Douart, Emmanuel La Garrigue, Antoine Dorotte und Xavier Antin sind zurzeit in der Fabrik tätig. Ihre Ateliers können auf Anfrage jederzeit besucht werden.
Ancienne usine “MECANO”, 33 avenue Victor Hugo, 93120 La Courneuve, Kontakt über das Institut français

Der Hangar von Nick Devereux und Aurélien Porte
Ehemals als Filmstudio genutzt und nun mehr als nur ein Atelier: In einem Hangar inmitten des Viertels Montreuil leben und arbeiten die Künstler Nick Devereux und Aurélien Porte: Devereux‘ Arbeiten flirren zwischen figürlicher und abstrakter Darstellung, befragen die Begriffe von Erinnerung und Nachwelt. Die Werke von Porte, deren Formen zwar an „primitive Kunst“ oder gotische Skulpturen erinnern mögen, zeichnen sich in ihrer konsequenten Verweigerung vollendeter, stilistischer Mittel durch eine Konsistenz im Ausdruck aus.
89 rue des Chantereines, 93100 Montreuil, Kontakt über das Institut français

Studio C41
Seit April 2013 präsentieren Soraya Chaar und Elisa Bertacchini junge Künstler, die weder von einer Galerie vertreten werden, noch einen eigenen Offspace betreiben. Jeweils für einen Monat bietet ihnen Studio C41 eine Plattform, eigene Arbeiten auszustellen. Eingeladen waren neben dem Street-Art-Künstler Jérémie Gallet bisher Hugues Allamargot, Clémette, Marine Desmoulin sowie Jean Sébastien Tacher. Zurzeit zeigt Pascale Guinet Fotografien, in denen sie sich als Pin-up-Mädchen, Cheerleaderin oder Heldin der Pop-Trash-Kultur inszeniert und so mit dem eigenen Image spielt. 
41 rue de la Condamine, 75017 Paris

Shanaynay
Der Offspace Shanaynay befindet sich im 20. Arrondissement und wurde im Jahr 2011 von Romain Chenais aus Paris und Jason Hwang aus Los Angeles gegründet: Die eklektische Mischung der ausgestellten Werke – von Kirsten Pieroth, Nina Canell, Liam Gillick und zahlreichen unbekannteren Künstlern – sowie das hybride Format des Raumes als Ausstellungsraum, Buchhandlung und Studio fasziniert an Shanaynay. Dass Romain Chenais und Jason Hwang nun anlässlich der Fiac eine gewinnorientierte Galerie in deren räumlicher Nähe eröffnen, scheint uns hinsichtlich der fast dogmatischen Kunstmarktferne von Shanaynay nur konsequent. 

RVB Books
RVB – ein unabhängiger Buchverlag – hat sich auf die Entwicklung und Realisierung von Kunstbüchern spezialisiert. Wir schätzen die Qualität ihres Programms sehr. Im verlagseigenen Ausstellungsraum widmet man sich der Präsentation von Künstlern, deren Werk von einer inhaltlichen wie materiellen Beschäftigung mit dem Medium Buch gekennzeichnet ist. Zu zentralen Ausstellungen und Publikationen zählen: Ruth van Beek "The Hibernators und The Arrangement", Erik Kessels "Album Beauty", Thomas Mailaender "Gone Fishing", sowie Paul Kooiker "Heaven". Unser Favorit: Marcelinne Delbecq und Marina Gadonneix "Landscapes". Noch bis zum 27. Oktober ist die Ausstellung Stéphanie Solinas "Déserteurs" bei RVB zu sehen.

Le MoinsUn
MoinsUn im Untergeschoss eines Pariser Hochhauses des 11. Arrondissements ist ein außergewöhnlicher Ausstellungsraum. Unter der Leitung des Künstlers Renaus Perriches fanden dort seit seiner Gründung im Jahr 2011 bereits zahlreiche Veranstaltungen statt: Filmscreenings, Katalog- und Magazin-Releases und solch erwähnenswerte Ausstellungen wie die der Kuratorin Martha Kirzsenbaum mit Arbeiten von Ryan Trecartin, Leidy Churchman, Prinz Gholam sowie Matthew Lutz Kinoy. Im November eröffnet das MoinsUn mit einer Ausstellung der Kuratoren Florian & Mick Quistrebert.

Maud Lourau und Anissa Touati sind spezialisiert auf die zeitgenössische Kunst des Nahen Ostens und ihr geschichtlicher und phantasmagorischer Ursprung. Ihre Empfehlungen sind zuerst auf der Website des neuen Kuratoren-Förderprogramms Jeunes Commissaires – unlängst vom Bureau des Arts plastiques (Institut Français) initiiert – erschienen. Paris-Tipps des Kurators
Marc Bembekoff finden Sie hier