Edmund Clarks Fotoprojekt zu Guantánamo

Zehn Jahre, ein ganzes Leben

Edmund Clarks Fotografien aus dem Häftlingslager Guantánamo sind menschenleer und zurückhaltend, doch ein Blick auf diese Aufnahmen von Isolationsräumen reicht, um die Atmosphäre dieser Orte nachzuvollziehen. Auf der Website zu seinem Projekt "Guantánamo: If The Light Goes Out", das er 2010 aich in der Berlinischen Galerie vorstellte, kombiniert Clark in einem direkten Nebeneinander seine Gefängnisansichten mit Fotografien vom Zuhause, in dem die ehemaligen Häftlinge ihr Leben neu einrichten. Diese Präsentationsform ist gewollt irritierend. Es ist nicht etwa der Kontrast zwischen diesen Räumen, sondern die beunruhigende Ähnlichkeit, die sich dabei einstellt: Auf einmal erinnern die Strickmuster der seidenen Tücher in häuslichen Interieurs, die Clark in Großaufnahme und Detailschärfe fotografiert, an das dichte Stacheldrahtnetz, das den Himmel auf seinen Bildern in kleine Stücke schneidet; die roten Äpfel und das Küchenbesteck sind ähnlich stillebenartig arrangiert wie die eingelagerten Fußfesseln oder Halsbände.

Das Gefühl des Gefangenseins ist damit omnipräsent. Wie Clark selbst bei seinen Gesprächen mit Ex-Häftlingen herausgefunden hat, ist das Zuhause nach Guantanamo ein Ort, in dem die traumatischen Erfahrungen verarbeitet werden und die Erinnerungen die Sicht auf die Realität versperren. In einem begleitenden Text zitiert Clark Binyam Mohamed, den Häftling Nr. 1458: „Wird man an einem Seil aufgehängt, kann man das überstehen – doch mit jedem Seil, das ich sehe, kommt die Erinnerung zurück. Geht in einem Raum unerwartet das Licht aus, bin ich wieder in meiner Zelle.“  

Zum Projekt "Guantanamo: If The Lights Go Out" ist bei Dewi Lewis Publishing eine Publikation erschienen