Familienbetrieb Kunst (3)

„Er ist in meiner Seele, nicht in meiner Arbeit“

Mit Kunst kann man sich einen Namen machen und dem Zufall der eigenen Herkunft entkommen. Was aber, wenn man schon mit einem guten Namen in die Kunstwelt hineingeboren wird? Monopol Online stellt Galeristen vor, die mit Kunst aufgewachsen sind oder mit ihrer Familie arbeiten. Diesmal berichtet der New Yorker Galerist Anton Kern, 43, über seinen Vater Georg Baselitz

Herr Kern, Ihr Vater ist einer der bedeutendsten deutschen Künstler seit den 60er-Jahren. Werden Sie oft mit ihm in Verbindung gebracht?
Nicht so häufig. Ich denke, das liegt auch daran, dass wir - Gott sei Dank - andere Nachnamen tragen. Das ist in diesem Geschäft auch nicht gerade schlecht.

Warum Gott sei Dank?
Ich bin Kunsthändler. Mein Vater ist Künstler. Ob mich das stört, wenn ich mit ihm ständig in Verbindung gebracht würde, kann ich nicht sagen. Das müsste ich mit „Jein“ beantworten.

Hat ihr Vater Sie denn zu einem Kunstliebhaber erzogen? Sind Sie oft mit ihm in Galerien und Museen gegangen?
Ja, viel sogar. Meine Eltern, mein Bruder und ich sind oft durch Museen geschleift worden. Oft waren auch Künstler und Kuratoren bei uns daheim. Dennoch hat bei mir die Kunstbegeisterung ein wenig auf sich warten lassen. Das kam erst so mit 18.

War das bei Ihrem Bruder Daniel Blau ähnlich? Schließlich ist er ebenfalls Galerist …
Mein Bruder hatte sich schon viel früher für das Handeln interessiert.

Haben Sie sich mit Ihrem Bruder abgesprochen?
Nein. Dass wir beide Galerien führen, hat sich unabhängig voneinander entwickelt. Ist einfach so passiert.

Wann wussten Sie denn, dass Sie Galerist werden wollen?
Ich habe früh angefangen, auf Kunstmärkten zu arbeiten. So als eine Art Sommerjob. Oft stand ich einfach nur herum und habe beobachtet. Und viel kennengelernt und gesehen. Damals haben mir die Kontakte meines Vaters natürlich sehr geholfen. 1991 bin ich nach New York gezogen und habe eine Ausbildung im MoMa gemacht und später für eine Galerie gearbeitet. Ich glaube, da wusste ich dann schon, dass ich Galerist werden möchte. 1996 hat die Anton Kern Gallery eröffnet.

Warum New York? Warum nicht Deutschland?
Eigentlich wollte ich nach gewisser Zeit zurück nach Deutschland kommen. Aber mit der Erfahrung hat mich dann an New York das Umtriebige fasziniert. Hier ist und war immer viel in Bewegung. Zudem gab es in den 90er-Jahren beinahe keine Plattform für deutsche Künstler. Das hat mich gereizt.

Wie sind Sie auf diese Künstler aufmerksam geworden? Hat ihr Vater Ihnen dabei helfen können?
Eigentlich nicht. Ich kannte viele der Künstler, die ich heute vertrete, bereits vorher. Und zwar nicht wegen meines Vaters. Wissen Sie, natürlich steckt der Künstler, mein Vater, in meinem Kopf, meiner Seele, aber mit der Praxis hat er nichts zu tun. Da gibt es vielleicht zu 0,5 Prozent Überschneidungen. Das hat mir mein Vater übrigens beigebracht: Wenn er malt, dann ist er nur für sich, lässt sich von außen nicht beeinflussen. So geht es mir mit meiner Arbeit auch.

Ihr Vater sagte in einem Zeitungsinterview, wenn er zeitgenössische Kunst kaufen wolle, wende er sich an Sie …
Ja, das tut er. Er fragt schon mal dann und wann. Er hat auch schon was bei mir gekauft.

Kriegt er Prozente?
(lacht) Ja. Die bekommt er dann auch.

Vor zwanzig Jahren hat ihr Vater seinen ersten Warhol gekauft. Nun vertreten Sie Andy Warhol. Gibt es eine Verbindung?
Die gibt es tatsächlich. Damals haben ich und mein Bruder meinem Vater geholfen. Es handelte sich um die damals noch nicht so bekannten Rorschach-Gemälde von Warhol, für die wir uns interessiert haben.

Was ist das Wichtigste, das ihr Vater Ihnen für den Weg eines Galeristen mitgegeben hat?
Nun, eigentlich sind sich Kunsthändler und Künstler immer ein wenig fremd. Da ich aus einem Künstlerhaus stamme, aber Kunst verkaufe, versuche ich, beides zu verbinden. Dass sich Künstler und Kunsthändler verstehen, ist für mich das Wichtigste. Mit vielen Künstlern, die ich vertrete, bin ich befreundet und arbeite schon lange Zeit mit ihnen zusammen.

Wie finden Sie neue Künstler für Ihre Galerie?
Sehr viel ist Intuition. Der Anfang in New York war auch nicht immer leicht, viele Künstler die ich vertrete, waren damals noch unbekannt. Aber ich wollte und will Statements aufbauen, etwas sagen. Und das muss man nicht laut sagen. Ich will nicht missionieren. Man muss aber durchhalten. Es dauert seine Zeit, aber dann wird man gehört, und zwar von immer mehr Menschen.

Kommt Ihr Vater häufig nach New York, um sich Ihre Ausstellungen anzusehen?
Er kommt häufig. Aber dann interessiert er sich mehr für das Enkelkind, als für die Ausstellungen (lacht). Aber klar, die guckt er sich natürlich auch an.

Ihr Bruder verkauft Baselitz. Sie nicht. Warum?
Ach, tatsächlich? Mein Bruder verkauft Bilder von unserem Vater? Nun, lassen Sie es mich so formulieren, mein Bruder ist Kunsthändler und sehr an etablierten Künstlern interessiert. Ich arbeite in erster Linie mit Künstlern zusammen mit denen ich auch im Falle eines sogenannten Secondary Market auf diesem Gebiet handele.