61. Berlinale

Ab in die Höhle!

Mit „Black Swan“, seinem Oscar-nominierten Bastard aus Ballerinentragödie und Horrorfilm, hat Darren Aronofsky den Kurs vorgegeben: Es wird wieder getanzt im Kino. Das gilt auch für die Berlinale, die heute beginnt. Zwar ist der Eröffnungsfilm ein Western („True Grit“ von den Coen-Brüdern), aber Wim Wenders wird im Wettbewerb außer Konkurrenz „Pina“ präsentieren.

Das mit dem Tod von Pina Bausch im Sommer 2009 unterbrochene, dann wieder aufgenommene Projekt ist eine Hommage auf die große Choreografin und das Tanztheater Wuppertal geworden. Neben Bausch-Aufführungen hielt Wenders auch getanzte Erinnerungen der Ensemblemitglieder an ihre Mentorin mit der 3-D-Kamera fest.

Für das Kino, die platonische Höhle, begeistern sich natürlich auch seit eh und je bildende Künstler. Miranda July, als Performancekünstlerin bekannt geworden, bricht mit ihrem zweiten Spielfilm „The Future“ in die Bastion des Wettbewerbsfilms ein – Monopol drückt dem Covergirl unserer Februar-Ausgabe die Daumen. In  der  Berlinale-Sektion  „Panorama“  läuft  „How Are You“, ein Porträt des Künstlerduos Elmgreen & Dragset (ausführliche Besprechung folgt auf Monopol Online). In "Panorama Dokumente" ist die Doku "!Women Art Revolution - A Secret History" zu sehen, die zeigt, wie  Carolee Schneeman, die  Guerilla Girls und Yvonne Rainer die Kunstwelt aufmischten.

Ansonsten ist die Kunst aber eher in der Abteilung „Forum Expanded“ zuhause. Pierre Huyghes zweistündiger Spagat zwischen Spielfilm und Videokunstwerk „The Host and the Cloud“ spielt in einem Museum und wird im Theater Hebbel am Ufer (HAU) aufgeführt. Und es gibt ein Wiedersehen mit Santiago Sierra und seinem NO-Projekt, dem Monopol in der Ausgabe 09/2009 eine Titelgeschichte widmete. Der zweistündige Film „No, Global Tour“, ist ein dokumentarisches Road Movie geworden, in dem der spanische Künstler die Lettern „No“ durch die Lande kutschiert. „Ich habe mich entschlossen, alle meine gegenwärtigen Projekte in einem einzigen zu vereinen“, schrieb Sierra 2009 in seinem Manifest für unser Magazin. Und: „Ich erschaffe eine Ikone – vergleichbar mit dem Buchstabenwerk ‚Love‘ von Robert Indiana –, die meine grundsätzlichen Ideen und Gedanken als Künstler und als Mensch veranschaulichen soll.“

Nicht als Totalverweigerer, aber als strenger Reduktionist ist Konzeptkunst-Altmeister Lawrence Weiner bekannt. Über den Inhalt seines 49-minütigen Films, eine Weltpremiere, lassen sich nur Vermutungen anstellen. Weiner erklärt in einem Thesenpapier vorab, Kino sei zwar kein metaphorisches Medium, präsentiere aber eine visuelle Struktur, die es dem Zuschauer erlaube, Metaphern im Zusammenhang mit ihren Bedürfnissen und Wünschen zu entwickeln. Das kann man schon mal unterschreiben. Weiners Filmtitel klingt jedenfalls sexy: „Dirty Eyes“.

Zum Abschluss des „Forum Expanded“ geben dann auf der Bühne des HAU mit Tony Conrad und Genesis Breyer P-Orridge (Mitgründer der Band Throbbing Gristle) zwei Größen der experimentellen Musik ein gemeinsames Konzert.

61. Berlinale, bis 20. Februar an verschiedenen Orten in Berlin