Warhol-Bild aus der Sammlung Marx verkauft

Berlin verliert ein Schlüsselwerk

Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin
© Staatliche Museen zu Berlin / Maximilian Meisse

Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin

Erben haben ein Bild von Andy Warhol aus der Sammlung Marx verkauft, das zum Bestand des Hamburger Bahnhof in Berlin gehörte. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz spielt den Vorgang herunter

Als der renovierte und erweiterte Hamburger Bahnhof im November 1996 eröffnet wurde, erschien ein zweibändiger Katalog der Sammlung Marx, die dort ihr angemessenes Domizil gefunden hatte. Auf dem Titel von Band 2 prangt ein Gemälde von Andy Warhol, "Do It Yourself (Seascape)" von 1962 – Beleg für den Rang, den dieses Werk nicht nur innerhalb des Warhol-Bestandes einnahm, sondern der Sammlung Marx überhaupt. Ja, muss man tatsächlich in der Vergangenheitsform sprechen, denn das Gemälde hat einen neuen Besitzer gefunden, dem Vernehmen nach einen Privatsammler in den USA.

Laut der "FAZ", die zuerst auf den Vorgang aufmerksam gemacht hatte, bestätigte Hermann Parzinger als Präsident der die Staatlichen Museen und damit auch den Hamburger Bahnhof tragenden Stiftung Preußischer Kulturbesitz den bereits mehr als anderthalb Jahre zurückliegenden Weggang dreier Kunstwerke aus der Sammlung Marx. Es sei richtig, so Parzinger, "dass im Frühjahr 2022 drei Werke aus der an die SPK verliehenen Sammlung Marx den Leihgebern übergeben wurden und ausgeführt worden sind. Dies erfolgte auf Bitten der Leihgeber und auf Basis des Leihvertrages, mit Zustimmung der SPK und selbstverständlich unter Beachtung des Kulturgutschutzgesetzes und mit der entsprechenden behördlichen Genehmigung."

Verkäufe aus der Sammlung Marx heraus sind keine Novität, die gab es bereits früher und sind seinerzeit wiederholt kritisiert worden. Parzingers Hinweis "auf Basis des Leihvertrags" bestätigt, dass die anfangs nur rudimentär vorhandenen vertraglichen Festlegungen dieser Sammlung als Dauerleihgabe an die Staatlichen Museen Berlin zwar mittlerweile klarer gefasst sind, Umschichtungen der Sammlung jedoch weiterhin möglich sind. Auch wird an dem Vorgang deutlich, dass die Bestimmungen des Kulturgutschutzgesetzes keinerlei Schranke gegen die Ausfuhr eines so bedeutenden Werkes wie der "Seelandschaft" darstellen.

Mit der "Seelandschaft" geht ein Hauptwerk von Warhol verloren

Das Gemälde zählt zu einer frühen Serie Warhols von vier Arbeiten aus dem Jahr 1962, die das "Malen nach Zahlen" ironisch als halb ausgeführt darstellen, jedoch noch nicht in der bald darauf ausschließlich verwendeten Siebdruck-Technik ausgeführt sind. Ein weiteres Bild der Reihe, "Do It Yourself (Landscape)", gehört seit den späten 1960er-Jahren der Sammlung Ludwig und befindet sich im gleichnamigen Kölner Museum.

Laut "FAZ" sieht Parzinger in dem Verkauf des Bildes keine Minderung des Ranges der Marx-Sammlung. Es sei "sichergestellt, dass die Künstler weiter mit hochkarätigen Werken in der Sammlung vertreten" seien. Das ist zweifellos richtig. Richtig ist aber auch, dass mit der "Seelandschaft" ein Hauptwerk von Andy Warhol verloren gegangen ist. Erich Marx beschreibt in seinem Vorwort zum Katalog von 1996, wie er dieses Werk 20 Jahre zuvor bei seinem Besuch in New York von Leo Castelli erwerben konnte. Er sei dem Kunsthändler "dankbar für einige großartige Bilder, die durch ihn in die Sammlung gelangten" und fährt fort: "Auch das Bild 'Do it Yourself – Seascape' gehört noch immer zu den Schlüsselbildern der Sammlung." An Marxens eigenen Worten gemessen, hat die Sammlung eines ihrer "Schlüsselbilder" verloren.