Ku Klux Klan

Die Nacht der weißen Kapuzen

​Der rassistische und gewalttätige Ku-Klux-Klan besteht bis heute. Auf einem Bild des US-Künstlers Vincent Valdez rotten sich vermummte Mitglieder des Geheimbunds vor zeitgenössischer Kulisse zusammen. Das Gemälde sorgt zurzeit im texanischen Austin für Diskussionen

Sie sind wieder da. Eine Gruppe Vermummter versammelt sich auf Vincent Valdez’ zehn Meter langem Gemälde "The City I". Es ist Nacht, weit unten glimmen die Lichter einer Metropole. Links auf der Anhöhe vor der Stadt ein Handymast, rechts ein Geländewagen, der ein Streiflicht auf die Männer in der berüchtigten weißen Tracht des Ku-Klux-Klan wirft. Fühlen sich die Leute ertappt? Valdez hat die Rotte unruhig choreographiert. Sie drängen sich zusammen, tuscheln miteinander, ziehen zur Sicherheit an der Kapuze, die das Inkognito wahrt, halten nach allen Seiten Ausschau.

Im Herbst 2015 habe er das Bild begonnen, erzählt Vincent Valdez, elf Monate habe er an der in Grautönen gemalten Nachtszene gearbeitet. Für den 1977 geborenen Künstler war der Malprozess ein "stare down" zwischen ihm und seinen Leinwandfiguren, ein Anstarr-Wettbewerb, wie ihn sich zwei gegnerische Boxer vor den Kameras liefern, bevor sie in den Ring steigen. Als er 16 war, sagt Valdez, habe er am Fort Alamo – einer Sehenswürdigkeit in seiner texanischen Heimatstadt San Antonio – eine Kundgebung des Ku-Klux-Klan hautnah erlebt.

Es ist keine Verschwörungstheorie, dass der KKK weiter sein Unwesen treibt. In einem Artikel der aktuellen "Zeit" schildert die US-Historikerin Linda Gordon, wie der 1871 verbotene "erste Klan" als zweiter, ebenso rassistischer und gewalttätiger Bund in den 1920ern zur Massenorganisation aufstieg. Der "zweite Klan" zerfiel aufgrund innerer Verwerfungen, aber "sein Wirken hatte weitreichende Folgen", so Gordon. "Der Ku-Klux-Klan von heute ist, wenn auch so rassistisch und antisemitisch wie einst, ein ganz anderer Verein. Er umfasst ein Spektrum weißen Nationalisten und rechtsextremen Gruppen der sogenannten Alt-Right-Bewegung. Es gibt keine hegemoniale Struktur, was eine gute und eine schlechte Nachricht ist. Das Fehlen einer zentralen Schaltstelle mag die Bedrohung abschwächen, zugleich erschwert es die Kontrolle."

Valdez’ Vorfahren stammen aus Mexiko und Spanien. Der Künstler, der sich selbst mit dem Etikett Hispanic herumschlagen muss, hält den Traum eines post-racial America (mit der Präsidentschaft Barack Obamas sahen viele ein Zeitalter heraufziehen, in denen ethnische Zugehörigkeiten keine Rolle mehr spielen würden) für vorerst gescheitert. Es ist ein ernüchterndes Bild, das Valdez entwirft. Mehr noch: ein erschreckender Anblick, auf den man das Publikum womöglich sogar vorbereiten muss.

Seit dem 17. Juli ist "The City I", neben weiteren Werken von Valdez, im Blanton Museum of Art in Austin, Texas zu sehen. Unter dem aus vier einzelnen Leinwänden zusammengesetzten Gemälde warnt ein Schild, das Werk "könnte starke Emotionen hervorrufen". Ohnehin hat sich das Museum lange auf die Präsentation vorbereitet. Schließlich wirkt die Kontroverse um Dana Schutz’ Gemälde "Open Casket" auf der Whitney Biennale noch nach: Der Streit um das abstrahierte Bildnis des 1955 von weißen Männern ermordeten schwarzen Jungen Emmett Louis Till – von Schutz nach einem Foto des Toten im offenen Sarg gemalt – hatte 2017 für Schlagzeilen gesorgt.

Nun ist die Ausgangslage in Austin zwar anders, aber das Sujet heikel genug. Michael Hardy beschrieb in einem Artikel in der "New York Times" die Maßnahmen des Museums – die Bereitstellung von hosts, die für Fragen des Publikums in der Ausstellung zur Verfügung stehen, ein Interview mit Valdez als Video-Loop und ein Wandtext, den die Kuratorin 400-mal überarbeitet haben will.

Auch wurde das Werk einer Reihe von Personen und Gruppierungen lange vor der Eröffnung gezeigt, unglücklicherweise wurde aber die "Nationale Organisation für die Förderung farbiger Menschen" NAACP viel zu spät einbezogen. Die Pressechefin des Museums entschuldigte das mit "Kommunikationsfehlern innerhalb unseres Teams". Nelson Linder, der Präsident des Austin-Departments der NAACP, bezeichnete es als "irrwitzig", dass das Museum ihn erst im Juli kontaktiert habe. Der Bürgerrechtler kritisiert den Inhalt des Bildes: "Ich hätte die Opfer gezeigt", zitiert ihn die New York Times, "nicht nur Bilder des Klans, sondern das Resultat ihres Verhaltens, die schwarzen Leute, die gelyncht wurden." Vincent Valdez bestätigt Linders Kritik, er respektiere sie, erzählt aber auch, dass er mit dem NAACP-Präsidenten inzwischen "ein vertieftes Gespräch" geführt habe. Das zentrale Thema des Bildes sei die White Supremacy – die Vorherrschaft der Weißen in den heutigen USA, sagt Valdez, "dieser Tatsache schaut Amerika bis heute nicht ins Auge." "The City" könne ein "ehrlicher Spiegel sein", so der Künstler selbstbewusst.

Ein heftiger Streit um das Werk selbst ist bisher ausgeblieben. Der "Guardian" berichtete zwar von einer Demo von Studenten der University of Texas, bei der die Entfernung des Gemäldes aus dem Museum und die Zerstörung des Werks gefordert worden sei . Aber Vincent Valdez stellt die Sache richtig: "Es gab keine Demonstration von Studenten. Die Ansage kam von einer einzigen Person, was der 'Guardian' aber nicht richtig mitbekommen hat. Ich denke, dass ein Teil der Presse eher an einer Kontroverse um ein Werk interessiert ist als an seinem brennenden Thema."

Rassismus sei in den USA überall, stellt Valdez fest, "und findet nicht nur in den Außenbereichen der modernen Gesellschaft statt, in ländlichen Gegenden, im amerikanischen Süden. Die weiße Vormachtstellung erkennt man auch darin, wie Städte geplant wurden und werden, Segregration überall". Deshalb ist Valdez der Titel "The City" wichtig, deshalb trifft sich der rassistische Geheimbund auf seinem Bild vor einer urbanen Kulisse, "einem illuminierten, pulsierenden Organismus."

Die Ausstellung "Vincent Valdez: The City" ist bis 28. Oktober im Blanton Museum of Art, Austin, zu sehen