"Europa ist Migrationskultur"

Goethe-Institut warnt vor Abschottung

Johannes Ebert (l), Generalsekretär des Goethe-Instituts, und Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, bei der Pressekonferenz des Goethe-Institut zu aktuellen Entwicklungen und Projekten, Berlin
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Johannes Ebert (l), Generalsekretär des Goethe-Instituts, und Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, bei der Pressekonferenz des Goethe-Institut zu aktuellen Entwicklungen und Projekten, Berlin

Das Goethe-Institut sorgt sich um das Deutschlandbild im Ausland. Abschottung und nationalistische Tendenzen bedrohen die Attraktivität für Wissenschaftler oder Fachkräfte

Der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, hat eindringlich vor Abschottung in Europa gewarnt. "Die europäische Kultur ist eine Migrationskultur", sagte Lehmann am Dienstag in Berlin unter Hinweis auf den über Jahrhunderte immer wieder deutlich sichtbaren Austausch. "Es wäre bitter, wenn sich gegenseitige Abschottung, Gegnerschaft gegen das Fremde, Manipulation und nationalistische Tendenzen fortsetzen würden", sagte Lehmann mit Blick auf entsprechende Entwicklungen in Deutschland. "Das ist eine Entwicklung, der das Goethe-Institut mit aller Macht entgegentritt."

Das Goethe-Institut hat nach Einschätzung von Lehmann über "verantwortungsvolle Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit" viele Jahrzehnte dafür gearbeitet, das Vertrauen zu Deutschland wiederherzustellen. Nun gelte es, "der aktuellen verhängnisvollen Entwicklung entgegentreten", und sich für eine offene, freiheitliche Gesellschaft einzusetzen.

Deutschland wäre als attraktiver Ort gefährdet

Der Erfolg Deutschlands in der Welt hänge auch mit der Gesellschaftsform zusammen. Ändere sich das, komme die Glaubwürdigkeit demokratischer Werte in Schwierigkeiten. "Zudem wäre Deutschland als attraktiver Ort gefährdet für diejenigen, die als Wissenschaftler, Studierende oder Fachkräfte kommen wollen." Dieser Punkt ist laut Lehmann noch nicht erreicht, doch gelte es, den Anfängen zu wehren. Noch gehöre Deutschland etwa für Studierende zu den attraktivsten Ländern nach den USA, Großbritannien und Australien.

Das Goethe-Institut will nach Angaben Lehmanns im kommenden Jahr verstärkt Berufsschulen im Ausland erreichen, um Interessenten an einem Arbeitsplatz in Deutschland vertraut zu machen mit Bedingungen und notwendigen sprachlichen Voraussetzungen. Seit Jahren bemüht sich das Institut dafür um mehr Deutschlehrer im Ausland. Nach Angaben von Generalsekretär Johannes Ebert fehlen etwa 500 neue Deutschlehrer.

Für das kommende Jahr stehen dem Goethe-Institut aus Mitteln des Außenministeriums knapp 270 Millionen Euro zur Verfügung (2019: 265). Hinzu kommen andere Zuwendungen und vor allem Erlöse aus der Spracharbeit, die im aktuellen Jahr knapp 140 Millionen Euro betrugen.

Eröffnung der ersten deutsch-französischen Kulturinstitute

Für das kommende Jahr kündigte Ebert die Eröffnung der ersten deutsch-französischen Kulturinstitute an. Die Einrichtungen werden in Rio de Janeiro in Brasilien und Palermo auf der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien eröffnen. Im Irak werde ebenfalls
eine deutsch-französische Zusammenarbeit vorbereitet.

Das Goethe-Institut ist für die internationale Kulturpolitik Deutschlands zuständig. Die aktuell 157 Institute in 98 Ländern fördern etwa die Kenntnis deutscher Sprache, kulturelle Zusammenarbeit und vermitteln weltweit ein aktuelles Deutschlandbild.