Klára Hosnedlová in Hannover

Irgendetwas brütet hier

Die Künstlerin Klára Hosnedlová schafft Werke zwischen Körperlichkeit und Entfremdung. In ihrer Ausstellung "To Infinity" in der Kestner Gesellschaft in Hannover inszeniert sie irritierende Metamorphosen

Die Berliner Künstlerin Klára Hosnedlová meint es ernst mit der Metamorphose. Mitten in einer mächtigen Hängeskulptur aus verzwirbelten Naturfasern und Strohhalmen verstecken sich mehrere braune Kokons, aus denen irgendwann Nachtfalter schlüpfen könnten. Zu Beginn ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung "To Infinity" in der Kestner Gesellschaft in Hannover wurde sogar ein Wettbewerb ausgelobt, wer bei einem Besuch das erste geflügelte Wesen in den Räumen des Kunstvereins entdeckt. Vielleicht hätte es diesen überdeutlichen Verwandlungsverweis gar nicht gebraucht. Denn auch ohne die echten Larvenbehausungen bekommt man das Gefühl, dass in Hosnedlovás Installationen etwas brütet.

Die Künstlerin entwirft opulente Räume, in denen sich Architektur, Skulptur und die Illusion von Malerei treffen. Im Erdgeschoss wirken die von der Decke baumelnden Formen wie Nester von gestaltungsfreudigen Tieren, die nicht unbedingt von dieser Welt stammen müssen. Eine Treppe höher kippt das Licht von warmorange zu kühl, und die amorphen Behausungen sind dort aus hellem, leicht transparentem Epoxidharz. Von Weitem sieht es aus, als würde etwas Eiartiges in den Skulpturen schlummern – ob das nun ein Zeichen für ein fruchtbares Kunstbiotop oder ein Grund zur Beunruhigung ist, bleibt in der Schwebe.

Dass es Klára Hosnedlová um Körperlichkeit und gleichzeitig um Entfremdung geht, zeigen die fein gestickten Bilder, die aus den Oberflächen der Kokon-Skulpturen hervorzubrechen scheinen. Aus Tausenden von bemalten Fäden entstehen fragmentierte, meist weibliche und nackte Leiber, die sich entweder im Werden oder in Auflösung befinden. In ihrer Zartheit bietet diese textile "Fata Morgana" der Malerei, wie es die Kestner Gesellschaft beschreibt, einen Anker des Bekannten in irritierenden Landschaften. Gleichzeitig vermeidet die Künstlerin jedoch alles Behagliche, das Kunst aus Stoff häufig zugeschrieben wird. Der Installation wohnt etwas subtil Brutales inne, aber genau das macht sie so eigen und schützt vor zu viel Pathos. Dass der Titel "To Infinity" das ganz große Fass der Unendlichkeit aufmacht, lässt sich dann auch noch verkraften.