Sachsen-Anhalt

Jüdische Gemeinden: Antisemitische Figur an Kirche ist unerträglich 

Die jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt haben kein Verständnis dafür, dass eine antisemitische Schmähfigur an der der St.-Stephani-Kirche in Calbe wieder angebracht worden ist

Die Position der Denkmalschutzbehörde lasse sich kaum erklären, meinte der Vorsitzende des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, Max Privorozki. Die Denkmalbehörde hatte laut Evangelischer Kirche Mitteldeutschland (EKM) einen Antrag abgelehnt, die Figur nicht mehr anzubringen. 

"Allein der Gedanke, dass ein bereits entferntes, antisemitisches 'Judensau'-Relief in der heutigen Zeit, im 21. Jahrhundert, erneut an einer Kirche angebracht wird, ist einfach unerträglich", so Privorozki. Als eine mögliche Alternativlösung plädiert der Landesverband dafür, das Relief im Rahmen einer Ausstellung über Antisemitismus etwa in der Kirche selbst zu thematisieren. 

Auch die EKM hatte sich dagegen ausgesprochen, die Figur zu zeigen. Sie hatte dafür plädiert, einem Vorschlag der Unteren Denkmalbehörde zu folgen und die Schmähfigur zu verhüllen. Die Figur war den Angaben zufolge im Januar dieses Jahres im Zuge von Sanierungsarbeiten abgenommen worden. Seit wenigen Tagen ist die Plastik jedoch wieder in mehreren Metern Höhe an der Außenfassade der Kirche angebracht. 

Am Mittwoch war die Darstellung nicht verhüllt. Vor der Fassade mit der Figur steht derzeit ein Baugerüst. Die Plastik zeigt einen Mann, der Teile seines Gesichts an den Hintern eines Schweins drückt. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein. 

In Sachsen-Anhalt hatte sich in diesem Jahr bereits das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) mit einem ähnlichen Fall in Wittenberg beschäftigt. Anfang Februar wies es die Berufungsklage eines Mannes gegen ein Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau zurück. Die als "Judensau" bezeichnete Sandsteinplastik aus Wittenberg stelle isoliert betrachtet eine Beleidigung dar, sagte der Vorsitzende Richter des 9. Zivilsenats des OLG, Volker Buchloh damals. Es hatte zur Zeit der Entstehung das Ziel, Juden verächtlich zu machen, wie er sagte. Nun sei sie aber Teil eines Mahnmals. Zudem distanziere sich die beklagte Kirchengemeinde in einem Text auf einer Tafel unmissverständlich von Judenverfolgung und der verhöhnenden Schmähplastik.