Nach fünf Jahren Bauzeit

Jüdisches Museum in Frankfurt vor Wiedereröffnung

Nach fünf Jahren Bauzeit und zwei Terminverschiebungen ist es soweit: Das neue Jüdische Museum in Frankfurt am Main öffnet in dieser Woche seine Türen. Die Besucher erwartet eine beeindruckende Architektur, eine berührende Dauerausstellung - und ein Museum ohne Mauern

Am Vorplatz des neuen Jüdischen Museums in Frankfurt am Main stehen noch die Bauzäune. Im modernen Neubau mit seinem lichtdurchfluteten Atrium laufen allerletzte Arbeiten. Gegenüber, im frisch sanierten Rothschildpalais, bekommt die Dauerausstellung den finalen Schliff. Dazwischen Kamerateams und eine Direktorin, die trotz der Hektik die Ruhe bewahrt.

"So ein Museum in normalen Zeiten zu eröffnen ist schon eine Herausforderung", sagt Mirjam Wenzel. Aber mitten in der Corona-Krise sei das noch einmal etwas Anderes. Doch am kommenden Mittwoch, 21. Oktober, ist es tatsächlich soweit: Fünf Jahre nach dem ersten Spatenstich und zwei Terminverschiebungen später soll das neue Jüdische Museum in Frankfurt auf doppelter Fläche öffnen.

Die Entstehung: 2012 entschied die Stadtverordnetenversammlung, dass das 1988 eröffnete Haus, seinerzeit das erste kommunale Jüdische Museum in Deutschland, saniert und erweitert werden muss. Ein Architektenwettbewerb wurde ausgelobt, den Zuschlag bekam der Entwurf des Berliner Büros Staab Architekten. 2015 wurde die Realisierung beschlossen und der erste Spatenstich gesetzt. Die Kosten wurden auf 50 Millionen Euro gedeckelt. Seither wurde an zwei Baustellen gearbeitet: Die Altbauten am Mainufer wurden saniert, im Garten dahinter - Richtung Städtische Bühnen - entstand der Neubau.

Die Gebäude: Mit der Neueröffnung wird der Eingang vom Main in den Neubau, den beeindruckenden Lichtbau, verlegt. Der Name ist Programm: Das Gebäude ist im Inneren offen, hell und einladend gestaltet. Im Untergeschoss stehen 600 Quadratmeter für Wechselausstellungen zur Verfügung. Das Deli mit milchig-koscheren Speisen und die großzügige Bibliothek sind auch für Nicht-Museumsgäste zugängig. Außerdem befinden sich im Neubau Depoträume, Werkstätten und Büros. Im historischen Rothschild-Palais, der behutsam restauriert wurde, ist auf drei Etagen die neue Dauerausstellung untergebracht.

Die Dauerausstellung: Unter dem Motto "Wir sind jetzt" präsentiert sich die neue Schau im einstigen Wohnhaus der Familie Rothschild. Erzählt wird die Geschichte der Juden und Jüdinnen in Frankfurt von der Aufklärung und Emanzipation um 1800 bis zur Gegenwart. "Wir präsentieren Kulturgüter und Alltagsgegenstände, verbinden Kunst mit Zeugnissen, zeremonielle Objekte mit Digitalen Medieninszenierungen", sagt Wenzel. "Uns ist es wichtig, dass wir Empathie wecken mit den Geschichten und den Persönlichkeiten, die wir vorstellen." Im letzten Raum etwa wird die Geschichte von Anne Frank anhand von Gegenständen aus dem Familienbesitz eindrucksvoll dargestellt.

Die Sonderausstellung: Der Titel der ersten Sonderschau lässt aufhorchen: "Die weibliche Seite Gottes". Sie ist ab 23. Oktober im neuen Lichtbau zu sehen. "Die Ausstellung verbindet die kulturhistorischen Spuren von weiblichen Elementen in den Gottesvorstellungen der drei monotheistischen Religionen mit Darstellungen in der Bildenden Kunst", kündigt das Museum an. Zu sehen sind zum Beispiel antike Figurinen, Madonnenbilder, aber auch zeitgenössische Kunst.

Die Idee: "Wir verstehen uns als ein Museum ohne Mauern, was hineinstrahlen will und wirken will in die Gesellschaft", sagt Direktorin Wenzel. So solle es ein Haus für alle sein und auch Menschen ansprechen, die nicht unbedingt museumsaffin seien. "Dieses Moment der Offenheit spiegelt sich wieder in den Foyers des Neubaus aber auch in unseren Programmen." Das Jüdische Museum sei in erster Linie ein sozialer Ort.