Kochkolumne von Mohamed Amjahid

Der Fluch der globalisierten Frucht

Die Geburt der Gugu-Gaga-Sauce: Unser Kolumnist verrät, warum er im Supermarkt an Mangowürfe auf Konzernzentralen denkt - und von welchem überraschenden Grillteller-Dip in diesem Sommer alle sprechen werden

Ich wollte schon immer mal Gugu-Gaga in einen meiner Texte einbauen. Ich habe echt lange gegrübelt, wie ich dieses – nennen wir es mal – Wort schreiben soll: Gugu Gaga, Gugugaga oder doch so auf chic GougouGàga. Ich habe mich letztendlich für Gugu-Gaga entschieden, das sieht irgendwie seriöser aus.

Anlass für die Umsetzung dieses kreativen Vorhabens war nun eine Mango im Supermarkt: Sie war grün und superhart, sodass man mit ihr aus Protest die Scheiben des Deutsche-Bank-Hochhauses im Frankfurter Westend, des Springer-Glaspalasts in Berlin-Kreuzberg oder der RWE-Zentrale in Essen zertrümmern könnte. Generell ist das Obst in Deutschland oft pflastersteinhaft, traurig geschmacksbefreit, schlicht unreif. Wenn man mal den Apfel, die Birne (auch bekannt als heimische Früchte) und je nach Saison Wildbeeren oder Zwetschgen beiseite legt, liegt über diesem Land der Fluch der globalisierten Frucht.

Tausende Kilometer werden Mangos, Ananas, Melonen oder Papayas über Landwege und die Ozeane transportiert oder sogar eingeflogen, nur damit wir sie im Supermarkt in die Hand nehmen und politische Protestfantasien dabei entwickeln. Kaufen, verzehren oder gar damit in der Küche hantieren geht gar nicht. Das ist der Fluch Mittel-Nord-Europas. Manchmal sehne ich mich danach, eine perfekt reife Mango vom Baum zu pflücken und zu einem köstlichen Gericht zu verarbeiten. Aber man kann ja nicht alles haben: Bösestes Kapital, Hassrede in Journalismus-Camouflage, einen milliardenschweren Klimakillerkonzern und eine perfekt reife Mango.

Geburt der Gugu-Gaga-Sauce

Ich legte also die Pflastersteinfrucht wieder zurück und überlegte, wie ich sonst an die Grundlage für die perfekte Sauce kommen kann. Saucen sind nämlich die Stars auf den Esstischen. Wir schenken ihnen zu wenig Aufmerksamkeit. So wie schöne Socken das Fundament eines guten Outfits sein können. Oder Moral der Kompass einer politischen Überzeugung. Wir kaufen gedankenlos Saucen mit unzähligen E-Stoffen und noch mehr Zucker in traurigen Squeez-Plastikflaschen. Ja, es stimmt: einige Saucen sind sehr aufwändig, einige dafür aber Gugu-Gaga-einfach.

Im Supermarkt stand ich plötzlich vor dem Babybrei-Regal. Auf Augenhöhe ein Gläschen mit dem Versprechen "100 % Mango in Apfel". Es war die Geburt der Gugu-Gaga-Sauce. Sie ist sehr leicht anzurühren und hat seitdem komplett meine Aufmerksamkeit gebunden: Zu gleichen Teilen den Mango-Babybrei mit mittelscharfem Senf anrühren. Dazu Chili-Flocken für die Schärfe hinzugeben, eine Messerspitze Kurkuma für die intensivere Farbe, frisch gehackte oder tiefgefrorene Kräuter wie Petersilie zum Abrunden, mit einem Schuss Olivenöl, etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken. Optional kommt noch fein gehackter Knoblauch rein. Fertig!

Meistens strecken die Hersteller den Brei mit günstigem Apfelmus, weil Babys dagegen selten protestieren und (noch) keine Scheiben mit steinharten Mangos einschlagen. In diesem Fall ist die Zugabe von (hoffentlich heimischen) Äpfeln aber halb so wild. Anstatt Mango-Babybrei geht auch Pflaume oder Birne. Ich habe es ausprobiert, die Sauce schmeckt immer köstlich zu gegrilltem Fleisch oder als Dip zu Ofengemüse. Man sollte aber unbedingt darauf achten, dass es reine Fruchtbreie sind. Hauptsache in den Gläschen sind keine Haferflocken, Müsli oder Grieß verarbeitet. So eine Sauce wäre mir dann doch zu Gugu-Gaga.