Kunstmesse

Köln lässt Art Berlin fallen

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Vorbereitungen für die Art Berlin 2017

Die Koelnmesse steigt vorzeitig aus dem Vertrag mit der Art Berlin aus. Das bedeutet das Ende der wichtigsten Messe für Gegenwartskunst in Berlin, die zugleich der Anlass und das Herzstück der Berlin Art Week war

Die Koelnmesse GmbH, die auch Betreiber der Art Cologne ist, stieg 2017 ein. Maike Cruse, die Leiterin der vormaligen Messe ABC, führte als Direktorin auch die Art Berlin erfolgreich weiter. Ihr dankt die Geschäftsführung der Koelnmesse für hervorragende Arbeit "unter den gegebenen Voraussetzungen."

"Allerdings", so Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse, "sehen wir momentan unter den gegebenen Bedingungen in Berlin keine Möglichkeit eine Veranstaltung zu realisieren, die unseren Vorstellungen gerecht wird." Die weitere Nutzung  des Standorts Tempelhof sei ab 2020 nicht gesichert, und das finanzielle Ergebnis der bisherigen Veranstaltungen für die Koelnmesse nicht befriedigend gewesen.

Wie kann das sein? Warum ist Berlin nicht in der Lage, diese Planungssicherheit herzustellen? Die Messe fand im Flughafen Tempelhof statt, einem schwer zu vermietenden maroden Gebäude. Die Vermieter, die Tempelhof Projekt GmbH, sah sich zu langfristigen Zusagen nicht in der Lage. Auch kam man der Art Berlin bei der erheblichen Miete in den letzten Jahren nicht entgegen. Dabei gehört der Flughafen Tempelhof dem Land Berlin.

In Madrid eröffnet die Königsfamilie die Messe

In anderen wichtigen Kunststädten wie Wien oder Paris gibt es Förderungen für Kunstmessen und den Kunstmarkt insgesamt. Zum einen wird die Arbeit der Galerien unterstützt, die mit ihrer langfristigen und oft risikoreichen Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern überhaupt erst das Entstehen von Kunst möglich machen. Auch die Messen selbst werden gut ausgestattet. Sie genießen Wertschätzung als Aushängeschild für ihren Standort.

In Madrid gehört es zum guten Ton, dass ein Mitglied der Königsfamilie die Kunstmesse Arco eröffnet, in Frankreich wurde die Fiac von einer nicht besonders bedeutenden lokalen Veranstaltung zu einem wichtigen Großereignis in der Kunstwelt – mit gezielten Investitionen und einer fantastischen Location, dem Grand Palais.

Alles Maßnahmen, die der Berliner Senat in Bezug auf die Messe oder das Gallery Weekend nie ergriffen hat. Maike Cruse hatte in jahrzehntelanger enger Zusammenarbeit mit den führenden Galerien in Berlin die Messe und das Gallery Weekend gemeinsam aufgebaut. Dieser Zusammenschluss aus hochkarätigen Galerien mit Standort Berlin und einem Weltklasse-Kunstprogramm wird von Kunstsammlern, auch einer internationalen Klientel, sehr geschätzt.

Ohne Sponsorengelder geht nichts

Das äußerst erfolgreiche Gallery Weekend ist allerdings auf Sponsorengelder angewiesen, um Sammlern ein gutes Kunsterlebnis zu bescheren. Denn auch das sind wesentliche "Rahmenbedingungen", die zum Gelingen und zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen.

Der Berliner Wirtschafts- und Kultursenat hatte, statt der Messe und ihren Teilnehmern unmittelbar günstigere Bedingungen zu  schaffen, die Berlin Art Week ins Leben gerufen, die als große Dachorganisation funktioniert und den Zusammenschluss von lokalen Berliner Institutionen rund um den Messetermin orchestrierte. Dieses organisatorische Großevent der Kulturprojekte Berlin konnte aber für sich genommen immer nur so viel internationale Strahlkraft aufbringen, wie das Programm der einzelnen beteiligten Häuser es hergab. 2019 war das Highlight eine Auseinandersetzung des Malers Thomas Scheibitz mit den Picasso-Werken aus der Sammlung Berggruen im äußersten Westen der Stadt.

Die Kulturprojekte Berlin laden soeben zum Neujahrsempfang ein, um einen Ausblick auf 2020 zu geben. "Wir freuen uns auf viele spannende Projekte im bevorstehenden Jahr", heißt es. Die Kulturlandschaft soll weiter "kreativ, divers, anspruchsvoll und partizipativ" gestaltet werden. Eine Kunstmesse mit internationalen Teilnehmern wäre genau das alles, fehlt aber nun.

Zeit, um strukturell in Verantwortung zu gehen 

Das eigentliche Energiezentrum der Kunsthauptstadt Berlin sind die Künstlerateliers und die Galerien, die eng mit den Künstlerinnen und Künstlern zusammen arbeiten. Unter unternehmerisch oftmals waghalsigen Bedingungen investieren Galeristinnen und Galeristen in Karrieren, ermöglichen das Entstehen von Werken, bringen Ausstellungen in Institutionen auf den Weg. Der Großteil ihrer Leistung lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken. Messen sind aber ein wichtiger Bestandteil ihrer Kommunikations- und Vertriebsstrukturen.

Die Galerien und ihre Künstlerinnen und Künstler stellen den kulturellen Mehrwert her, mit dem sich Berlin gern als Alleinstellungsmerkmal und Kunsthauptstadt schmückt. Jetzt wäre es an der Zeit, auch strukturell dafür in die Verantwortung zu gehen.