Vorreiter der Lichtkunst

Künstler Keith Sonnier stirbt mit 78 Jahren

Keith Sonnier 2018
Foto: Caterina Verde / Courtesy Studio Keith Sonnier

Keith Sonnier 2018

In den 1960er-Jahren gehörte der US-Bildhauer Keith Sonnier zu den radikalen Erneuerern der Skulptur. Nun ist er im Bundesstaat New York gestorben

Auf eine Art, so sagte der Künstler Keith Sonnier 1969 dem Schweizer Fernsehsender RTS, wolle er das Objekt weniger wichtig machen. Es solle so banal wie möglich sein und am besten fast gar nicht mehr da. Mit dieser Auffassung gehörte der in Louisiana geborene Sonnier zu einer Gruppe von Künstlern, die in den 1960er-Jahren den Skulpturbegriff radikal veränderten. Nun ist er nach Angaben seines Studios im Alter von 78 Jahren in Southhampton, New York, gestorben.

1969 war Keith Sonnier Teil der einflussreichen Ausstellung "When Attitude Becomes Form", die vom späteren Documenta-Kurator Harald Szeemann in der Kunsthalle Bern organisiert wurde. Darin ging es um neue Formen künstlerischen Arbeitens, die sich durch Prozesshaftigkeit, Performativität, neue Präsentationsformen und die Erweiterung des Materialspektrums auszeichnete. Keith Sonnier zeigte damals lediglich den Abdruck eines Stücks Latex an der Wand, das er vorher beflockt und dann wieder abgenommen hatte. Zu sehen blieben nur die Spuren seiner Arbeit.

Formale Strenge und romantische Ader

Sonnier benutzte in seiner Kunst vor allem industrielle und ephemere Materialien. Er gehörte zu den ersten Künstlern, die Licht als Skulptur einsetzten und Neonröhren zu Zeichnungen im Raum formten. Seine Serien von Wandinstallationen aus bunten Lichtlinien, die auf vorhandene Architektur reagieren, gehören zu seinen bekanntesten Werken. So begegnet beispielsweise den Passagieren am Münchner Flughafen eine großformatige Sonnier-Arbeit. Zur Jahrtausendwende bespielte er die Fassade des Kunsthauses Bregenz mit einer farbigen Lichtkomposition, 2002 die Neue Nationalgalerie in Berlin. Dass er die streng geometrischen Linien in Blau, Gelb und Rot damals "Ba-O-Ba Berlin" nannte (einem aus Haiti stammenden Begriff, der in Louisiana für "Mondschein über dem Meer" oder "im Licht gebadet" benutzt wird), zeigt, dass Sonnier seinen Arbeiten bei aller formalen Strenge auch eine romantische Note erlaubte.


Anders als Zeitgenossen wie Bruce Nauman, Richard Serra oder Eva Hesse wurde Keith Sonnier kein Superstar der Kunstwelt. Doch in den vergangenen Jahren wurden seine Werke und sein Einfluss auf die Erweiterung des Skulpturbegriffs wieder verstärkt gewürdigt. Vor kurzem kaufte die renommierte US-amerikanische Dia Art Foundation mehrere Werke Sonniers an. Eine Ausstellung mit den raumfüllenden Installationen ist 2022 in Beacon, New York, geplant.