Schwierige Spurensuche in Ost und West

Zentrum Kulturgutverluste: Nicht alles lässt sich aufklären

Private Kunstsammler in der DDR mussten ihre Schätze hergeben. Der Kunsthandel wurde zum staatlichen Monopol. Geschäfte im Verborgenen sollten Devisen bringen. Licht ins Dunkel kommt erst jetzt

30 Jahre nach dem Mauerfall steht die Aufklärung über staatlich entzogene Kulturgüter von Privatleuten in der DDR erst am Anfang. Bis jetzt lägen nur wenige gesicherte Fakten vor, hieß es am Dienstag in Berlin beim Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste. Die Stiftung stellte mehrere Pilotprojekte vor. Ein Teil der Exponate lasse sich vermutlich nicht mehr vollständig zurückverfolgen, sagte Gilbert Lupfer, Vorstand des in Magdeburg ansässigen Zentrums.

Dies ist nach Ansicht des Zentrums kein bloßes Ost-Thema. Bücher, Gemälde, Möbel oder Porzellane habe die DDR gerade in den 80er Jahren ins westliche Ausland verkauft, um so Devisen zu beschaffen. Auch westdeutsche Museen hätten Kunstwerke erworben. Mit fingierten Steuerverfahren seien private Kunstsammler oft zum billigen Verkauf gezwungen worden. Betroffen waren auch sogenannte Republikflüchtlinge, die Kunstschätze zurücklassen mussten.

In einem der Kooperationsprojekte wird die Aktion "Licht" des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit aus dem Jahr 1962 untersucht. Viele Spuren seien verwischt, Akten vernichtet worden, sagte Thomas Widera vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden.

Die Stasi ließ damals Tausende, über Jahre ungeöffnete Schließfächer aufbrechen und bereicherte sich an Gold, Schmuck, Porzellan, Uhren und Wertpapieren. Auch 150 Gemälde wurden laut Angaben konfisziert. Die Aktion habe auch jüdischen Besitz betroffen. Eigentumsnachweise seien getilgt worden.

Das MfS (Ministerium für Staatssicherheit) war beim Beschlagnahmen und Verwerten von Kunstgütern der eigentliche Akteur, erläuterte Arno Polzin von der Stasi-Unterlagen-Behörde. Systematische Aktenbestände gebe es dazu aber nicht. Recherchen zu einzelnen Kunstobjekten seien kaum möglich, weil die Stasi ihre Akten nach Personen führte.

Der Verkauf lief über die eigens gegründete Kunst- und Antiquitäten GmbH in Mühlenbeck bei Berlin, die zum Imperium des DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski gehörte. Nach dem Mauerfall kauften DDR-Museen die Restbestände, wie Alexander Sachse vom Museumsverband des Landes Brandenburg sagte. Das Gefühl Kulturgut zu bewahren, habe wohl im Vordergrund gestanden. Das Geld sei vom letzten DDR-Kulturministerium gekommen.

Bis zu acht Prozent der Sammlungen in ostdeutschen Museen seien fragwürdiger Herkunft, schätzte der Historiker, der in vier brandenburgischen Museen recherchierte. Restitutionen größeren Umfangs habe es nur aus dem Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) gegeben.

Nach Einschätzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses, der den Bereich "Kommerzielle Koordinierung" (KoKo) nach der Wende unter die Lupe nahm, spülte allein der von der Stasi gesteuerte geheime Kunsthandel harte Devisen von jährlich rund 25 Millionen D-Mark in die DDR-Kassen.