Kunstwerk zur Klimakrise

Kunst und Fairness

Modell des Werks "I=PxAxT" von Liam Gillick
Foto: Liam Gillick

Modell des Werks "I=PxAxT" von Liam Gillick

Mit seiner Installation zur berühmten IPAT-Formel thematisiert der britische Künstler Liam Gillick an der Hochschule Pforzheim eine entscheidene Zukunfts-Frage: Wie wirkt der Mensch auf den Planeten ein?

Weithin sichtbar prangt die Gleichung "I=PxAxT" auf dem Gewächshaus des Projektes "A Fair Land" auf dem Waisenhausplatz in Pforzheim. Unter diesem Namen setzen sich Studierende der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim bis in den Sommer hinein mit sozialen Fragen, Kunst, Design und Architektur der Zukunft auseinander. Und sie bekommen dabei prominente Unterstützung des britischen Künstlers Liam Gillick, von dem die Buchstaben auf dem Gewächshaus-Dach stammen.

Urheber der sogenannten IPAT-Formel sind die US-amerikanischen Wissenschaftler Paul R. Ehrlich und John Holdren, die anhand dreier Variablen auf die Wechselwirkungen zwischen menschlichem Handeln und der Umwelt aufmerksam machen wollten: I steht für Impact (Umwelteinwirkung) und resultiert aus P - Population (Bevölkerungsgröße) mal A - Affluence (Wohlstand) mal T - Technology (Technik).

1968 beschrieb der Biologe Ehrlich in seinem Buch "Die Bevölkerungsbombe" massenhafte Hungersnöte, die er aufgrund von Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit - und trotz Wohlstandes und technischen Fortschritts - prognostizierte. Wenngleich die Formel wegen ihrer wissenschaftlichen Ungenauigkeit Kritik erntete und die Prognosen nicht mit der von Ehrlich erwarteten Schnelligkeit eintraten, hat das zugrundeliegende Problem nicht an Gültigkeit verloren.

"Durch Liam Gillicks Arbeit wird 'A Fair Land' in einen größeren Zusammenhang gestellt“, betont Robert Eikmeyer von der Hochschule Pforzheim, der das Gesamtprojekt konzipiert hat. Die Gleichung stelle - ähnlich wie die äquivalente "Kaya-Identität" in Bezug auf Treibhausemissionen - symbolische Zusammenhänge her und balanciere einen interdisziplinären Drahtseilakt aus. Laut Eikmeyer, der in der Vergangenheit schon Ausstellungen mit Gillick kuratierte, skaliere der Brite "Fragen von nachhaltiger Entwicklung, die wir hier im Kleinen aufwerfen" unter Verwendung der international bekannten IPAT-Formel "auf Weltniveau".

Ein Biotop der Wechselwirkungen

Dabei steht Liam Gillicks Werk selbst im Kontext eines größeren Kooperationsprojektes. Neben der Hochschule haben auch andere städtische Akteure das für zwei Jahre geplante Projekt initiiert und dazu internationale Positionen eingeladen. Bedingt durch die Umstände der Corona-Pandemie sollen ein Großteil der Einzelveranstaltungen wie Konzerte, Lesungen und Performances zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

Im Gewächshaus mit Gillicks Kunstwerk gedeiht aber bereits die Zucchini-Zucht der Künstlerorganisation Grizedale Arts - im Juli soll das herangezogene Gemüse dann verteilt werden. Einen Prototypen von "A Fair Land" realisierte die britische Gruppe 2016 erstmals im Irish Museum of Modern Art Dublin. Mit der aktuellen Version setzt die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim ihre Reihe zum partizipatorischen Design fort, in der bereits Workshops unter anderem mit dem Kollektiv Assemble, dem Simon Jones Studio, Van Bo Le-Mentzel und Vitra stattgefunden haben.

Mit seinen Beiträgen war Künstler Liam Gillick unter anderem an der Documenta X und den Biennalen von Venedig, Berlin und Istanbul beteiligt. 2009 gestaltete er den Deutschen Pavillon auf der 53. Biennale von Venedig. Gillicks Werke finden sich in zahlreichen Museen und Sammlungen, darunter dem Museum of Modern Art, dem Guggenheim Museum, der Tate Modern und dem Centre Pompidou.