Die in Berlin und Paris lehrende Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und der senegalesische Ökonom Felwine Sarr empfehlen in einem vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Auftrag gegebenen Bericht, praktisch alle aus der Kolonialzeit stammenden Kunstwerke an die Herkunftsländer in Afrika zurückzugeben. Bredekamp, einer der drei Gründungsintendanten des Berliner Humboldt Forum, lehnt im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur die Forderung ab, dass auch Sammlungsobjekte zurückzugeben seien, für die es keine klar nicht-kolonialen Herkunftsnachweise gebe: Die Grundannahme, dass Objekte fast immer geraubt wurden, wenn es nicht anders dokumentiert sei, sei eine "Umkehrung der Unschuldsvermutung, die mit einem modernen oder aufgeklärten Rechtssystem wenig zu tun hat".
Überhaupt seien die deutschen Verhältnisse zu unterscheidnen von denen in Frankreich und anderer ehemaliger großer Kolonialmächte: Viele der Sammlungen der großen ethnologischen Museen in Deutschland seien in einem aufklärerischen Geist entstanden, der koloniale Bestrebungen ablehnte. Diese aufklärerischen Ideen der großen deutschen Sammlungen, würden in der Debatte geradezu "eliminiert".
Die Deutschen hätten einen anderen Erfahrungshorizont besessen bis tief in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: "In Deutschland gab es keinen Nationalstaat und das ist der fundamentale Unterschied gegenüber Frankreich, das seit dem 17. Jahrhundert, seit dem Sonnenkönig, eben alle Macht in Paris konzentriert hat. In Deutschland ist jeder Bewohner, der über etwa 100 Kilometer gereist ist, in eine neue Nation gekommen, in eine neue Gemeinschaft, er musste sich umorientieren, er musste seinen eigenen Standpunkt relativieren, das ist der entscheidende Erfahrungsunterschied, der in den deutschsprachigen Diskussionen und Reflexionen sehr früh, und früher als in anderen Regionen, einen Universalismus hat entstehen lassen, der mit Leibniz zu verbinden ist."