Wie belgische Medien übereinstimmend berichten, ist Ullens am Karsamstag gestorben. Er gehörte zu den bedeutendsten Sammlern von Gegenwartskunst aus China und Indien. Gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau gründete er die Fondation Guy & Myriam Ullens, die sich der Förderung zeitgenössischer Kunst widmete. 2007 eröffnete das Paar das Ullens Center for Contemporary Art (UCCA) im Pekinger 798 Art District. Der Bau von 8000 Quadratmetern Größe war das erste private Zentrum für Gegenwartskunst in China.
Geboren am 31. Januar 1935 in San Francisco als Sohn eines belgischen Diplomaten, verbrachte Guy Ullens seine Kindheit unter anderem in Norwegen, Deutschland, Indien, Pakistan und Iran. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Katholieke Universiteit Leuven und einem MBA an der Stanford University übernahm er das Familienunternehmen, die Raffinerie Tirlemontoise, und verkaufte die Firma 1989 an Südzucker. Später erwarb er über die Artal Group die Mehrheit an dem US-amerikanischen Unternehmen Weight Watchers International, was ihm erheblichen Reichtum einbrachte.
Ullens kam in den frühen 1980er-Jahren als Geschäftsmann nach China. Er verbrachte seine Freizeit mit jungen Künstlern – lange bevor es eine Szene oder einen Markt für Gegenwartskunst gab –, kaufte, was ihm gefiel, und baute so nach und nach eine Sammlung auf, die bald über 1500 Werke umfasste.
"Wir haben immer als Amateure gesammelt"
"Wir haben immer als Amateure gesammelt, aus Freude an der Sache selbst", sagte Guy Ullens 2009 im Monopol-Interview. "Wir haben lange in China gelebt und viele Künstler getroffen. Es war großartig! Damals hatten sie noch mehr Zeit, was von außerordentlichem Wert ist, wie ich finde. Der nächste Schritt war, sie zu promoten und Werke zu verleihen. Dann begann ich, sie auszustellen und die Ausstellungen auch ins chinesische Fernsehen zu bringen, um zu zeigen, wie gut die heimischen Künstler sind. Wir haben Installationen gesammelt, die wir irgendwo lagern mussten. Und so kauften wir eben Fabrikhallen. So hat sich das mehr und mehr professionalisiert."
Neben seinem Engagement in der Kunst unterstützte Ullens auch soziale Projekte in Nepal, darunter die Gründung der Ullens School in Kathmandu. Sein Privatleben wurde 2023 von einer Tragödie überschattet, als seine Ehefrau Myriam erschossen wurde. Sein Sohn Nicolas aus erster Ehe wurde des Mordes angeklagt. Baron Guy Ullens hinterlässt vier Kinder aus erster Ehe.