US-Künstler Mike Kelley gestorben

Lass uns über Ungehorsam sprechen

Das bestätigte Kelleys Galeristin Helene Winer von Metro Pictures gegenüber "Artinfo". Sie sagte dem Onlinemagazin, der Künstler sei depressiv gewesen und habe sich das Leben genommen.

Kelley, der 1954 in Detroit geboren wurde, war einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Der Kunstkritiker Jim Lewis bezeichnete ihn als den „letzten großen Künstler des 20. Jahrhunderts“.

Ausgebildet wurde er in Los Angeles am California Institute of the Arts, in dem Malerei, Fotografie, Theorie, Musik, Video und Performing Arts unter einem Dach unterrichtet wurde - damals ein ungewöhnlicher Ansatz. Lehrer wie die Performerin Laurie Anderson oder der Konzept-Künstler John Baldessari hinterließen Spuren in Kelleys Werk. Weitere Vorbilder des Kunststudenten waren Chris Burden, Vito Acconci, Joseph Beuys und die Wiener Aktionisten. Kelley befasste sich lange hauptsächlich mit Performances, hat aber von Anfang an in verschiedenen künstlerischen Medien gearbeitet: von Malerei über Film bis zu groß angelegten Installationen.

In seinen Arbeiten beschäftigte er sich mit dem Verdrängten, dem schlechten Geschmack, mit Ekel, Schmutz, sub- und popkulturellen Phänomenen. Mit einfachen Botschaften wie „Lass uns über Ungehorsam sprechen“ beschriftete Banner parodierten Erbauungskunst, in Videos, wie der Kinderbuchadaption „Heidi“ (1992), für die er mit Paul McCarthy zusammenarbeitete, verhandelte er Kindesmissbrauch. In den Zeichnungen der „The Sad Sack“-Serie (1998) machte Kelley aus einem bekannten Kindercomic-Charakter mithilfe von Textsegmenten über Kas­tration und den Ödipuskomplex eine Auseinandersetzung mit Familienstrukturen.

Der internationalen Durchbruch gelang ihm mit der Werkgruppe „Half a Man“ (1987–1991): Er sammelte benutzte Stofftiere und verarbeitete sie zu schmutzigen Skulpturen, Bällen, Wandvorhängen. Die Band Sonic Youth bildete 1992 eine seiner Häkel-Geschöpfe auf dem Cover ihres Albums "Dirty" ab. In einem Interview sagte der Künstler einmal: „Beim Stofftier handelt es sich nicht wirklich um ein Tier. Es ist ein Baby. Es ist ein Humanoide, es ist geschlechtslos, es ist sauber, es ist aus Plüsch, es ist niedlich. Es ist etwas, das man einem Baby gibt, um ihm zu sagen, wie es sein soll. Solche Ziele sind absolut klassisch und inhuman. Sie stellen für mich eine Art christlicher Perfektion dar, die unerreichbar ist, besonders für Babys.“

Kelley hat weltweit in Museen ausgestellt, häufig in Deutschland. Zuletzt konnte man hierzulande Einzelausstellungen 2011 im Haus Lange Krefeld, im Schinkel-Pavillon Berlin und 2008 in der Münchner Sammlung Goetz sehen. 1997 nahm er mit einer Gemeinschaftsarbeit mit Tony Oursler an der Documenta X in Kassel teil. 2006 erhielt er den Kölner Wolfgang-Hahn-Preis der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig.

Mike Kelley lebte zuletzt in Los Angeles, wo er nach Angaben der "New York Times" auch am Dienstag tot aufgefunden wurde. (monopol)

In der Ausgabe Monopol 3/2012, die am 16. Februar erscheint, finden Sie einen ausführlichen Nachruf. Monopol widmete dem Künstler 2009 ein großes Porträt