Liam Gillick im Pergamonmuseum

Lichtshow überstrahlt Kritik

Vor der langjährigen Schließung des Berliner Pergamonmuseums zeigt der Künstler Liam Gillick dort seine Intervention "Filtered Time". Diese ist jedoch eine Enttäuschung - und keineswegs die kritische Auseinandersetzung, die sie verspricht

Einen erfrischend kritischen Blick auf die Institution Pergamonmuseum versprach die Rauminstallation "Filtered Time" des britischen Künstlers Liam Gillick, die nun bis zur langjährigen Schließung des Museums am 15. Oktober zu sehen ist. Viel mehr als eine hübsch anzuschauende Lightshow ist es dann aber nicht geworden.

Begrüßt wird das Publikum im nun ohne künstliches Deckenlicht erscheinenden Museum von einer orange angestrahlten monumentalen Skulptur: dem griechischen Wettergott Hades. Dort, wo einst wohl die Augen der Skulptur saßen, lässt Gillick blaue Kreise leuchten. Eine gewollt poetische Anmutung zwischen Geisterbahn, Hollywood-Film und Party-Keller in einem je nach Wetter und Tageslicht fast schon abgedunkelten Raum. Von einer kritischen, etwa postkolonialen Aufarbeitung der "Beschaffung" des Exponats eines vorderasiatischen Museums in Berlin kann hier keine Rede sein.

Und genau so geht es weiter: Lichtkegel wandern, fast wie in einem Techno-Club durch die immer noch hehren Museumshallen, Spots werden von Liam Gillick auf ausgewählte Exponate gerichtet, ab und zu sind Sounds zu hören. Steinklopfen zum Beispiel rund um den Nachbau des babylonischen Ischtar-Tors, genauer: das Klopfen, mit dem Tonziegel damals aus ihrer hölzernen Form geholt wurden.

So mag der Eindruck intendiert sein, das Tor, über dem zudem blaue Farbe flimmert, würde gerade im Moment erbaut. Da bedarf es schon sehr viel guten Willens, will man eine solche, bloß illustrierende Intervention als eine ernstzunehmende Reflexion der Arbeitsbedingungen von etwa 600 Jahre v. Chr. interpretieren.

Besteht wirklich ein Interesse am "historischen Unrecht"?

Bunt wird es dann auch noch, dann nämlich, wenn Gillick drei assyrische Reliefs aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. etappenweise farbig bestrahlt. So poppig wie banal ist dieser künstlerische Eingriff, denn längst wissen wir alle, dass solch historische Artefakte eben nicht weiß, wie man lange annahm, sondern knallbunt gewesen sind.

Dass der Künstler für seine Einfärbung RAL-Standardfarben benutzte, wie etwa das Gelb der Deutschen Post, könnte von der "Eindeutschung" der im Pergamonmuseum gezeigten "vorderasiatischen" Objekte erzählen. Diese farbliche Codierung aber ist leider für den Betrachter angesichts der insgesamt eher illustrativen Bestrahlung des Reliefs kaum ersichtlich. "Das braucht man nicht zu wissen", sagte der Künstler im Pressegespräch und redete so das hier einmal aufflimmernde politische Moment seiner Arbeit klein.

"Liam Gillick bringt man erst mal nicht mit einer ernsthaften Angelegenheit wie dem Pergamonmuseum in Verbindung", kommentiert dann auch Birgit Rieger im Berliner "Tagesspiegel" treffend. Und weist so auf ein zentrales Problem dieser Intervention hin: Mit Gillick wurde von den Kuratoren Barbara Helwing, der Direktorin des Vorderasiatischen Museums, sowie Sam Bardaouil und Till Fellrath, Direktoren des Hamburger Bahnhofs, ein sicherlich international renommierter Künstler ausgewählt, aber einer, der bisher im Kontext von Kolonialismus und Raubkunst kaum von sich reden machte. Auch daher muss gefragt werden, ob hier wirklich ein Interesse bestand, sich mit dem "historischem Unrecht" auseinanderzusetzen, von dem im Begleittext zu "Filtered Time" zu lesen ist.