Kooperation der Kunstvereine

Mann, oh Mann

Wir müssen reden. Über Männlichkeit. In Köln, Düsseldorf und Bonn tun das die Kunstvereine auf erfreulich vielfältige Weise 

Die "American Psychological Association" (APA), einer der größten Psychologenverbände der Welt, gab im vergangenen Jahr einen Ratgeber für Therapien von Männern und Jungen heraus. Seitdem ist es quasi amtlich: Tradierte Männlichkeitsrollen können schädlich sein. Gut, dass es nicht die einzigen sind. 

Bewusst im Plural steht auch der Titel einer Gruppenausstellung der Kunstvereine in Bonn, Köln und Düsseldorf: "Maskulinitäten". Die Idee für das gemeinsame Projekt entstand, als Nikola Dietrich 2018 den Kölnischen Kunstverein übernahm und sich an den drei rheinischen Kunstvereinen drei Direktorinnen gegenüberstanden: Michelle Cotton, die inzwischen ans Luxemburger Mudam wechselte, in Bonn, Dietrich in Köln und Eva Birkenstock in Düsseldorf. Das Thema wiederum ergab sich aus Gesprächen über die Debatten zu #MeToo, #NotSurprised, Identität, Gender und kultureller Aneignung.

Tatsächlich ist es erstaunlich, dass sich noch kaum eine institutionelle Ausstellung Männlichkeitsbildern zeitgenössischer Kunst gewidmet hat. Umso besser, dass sie nun so viel Raum erhalten. Sogar draußen: Puppies Puppies trägt sie in den Stadtraum hinein. Dazu kommen Kooperationen etwa mit der Initiative "And She Was Like: BÄM!" oder dem Fachbereich Genderstudies der Ruhr-Universität Bochum.

Zwischen Manspreading und "Typisch Frau"

"Maskulinitäten" will keine alternativen Narrative vorgeben, sondern sich auf die Suche begeben und Fragen aufwerfen. Wie kann man heute aus feministischer wie künstlerischer Perspektive Männlichkeit betrachten? Insbesondere im Bonner Kunstverein haben feministische Ausstellungen eine lange Tradition, schon 1981 kuratierten dort Philomene Magers und Margarethe Jochimsen die Gruppenschau "Typisch Frau". Daran sollen nun Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern wie Lynda Benglis, Hal Fischer, Sarah Lucas und Jana Euler anknüpfen.  

In Köln gibt es zeitgleich ein Wiedersehen mit Marianne Wex’ Langzeitstudie "Weibliche und männliche Körpersprache als Ergebnis von patriarchalen Strukturen", in der diese schon 1977 unter anderem die heute als "Manspreading" bekannte raumeinnehmende Sitzweise von Männern untersuchte. Auch sonst dechiffriert das Kölner Kapitel der Ausstellung Konstruiertheit und damit auch Veränderbarkeit von Männlichkeit. So spiegelt sich etwa in der Malerei des 1999 an Aids verstorbenen Martin Wong dessen mehrfacher Außenseiterstatus – als Kind einer chinesischen Einwandererfamilie, Homosexueller sowie Künstler ohne formale Ausbildung – und sein Auflehnen dagegen. 

Der Dialog ist eröffnet

Juliette Blightman hingegen fängt in ihren Arbeiten zarte, intime Momente des Alltags wie des Begehrens ein. In Düsseldorf stehen Entwicklungslinien 
und Wandlungsprozesse im Fokus. Henrik Olesens "Hysterical Men" (2013) führt entlang eines Parcours die Zusammenhänge von männlicher Hysterie und Sexualität vor, während Andrea Fraser eine historische Radiodebatte über Feminismus reinszeniert – in den Rollen der männ­lichen Sprecher. Ältere Künstler wie Jürgen Klauke und Vito Acconci treffen auf jüngere, feministische auf queere. Der Dialog ist eröffnet.