Medienschau

Nan Goldin ist die Nummer eins der "Power 100"

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US-Künstlerin Nan Goldin bei Kunstmagazin "ArtReview" ganz oben, die Londoner Zabludowicz Collection schließt und Andrea Lissoni bleibt Direktor am Haus der Kunst: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Rankings und Jahresrückblicke

Die US-Künstlerin Nan Goldin ist aus Sicht des britischen Magazins "ArtReview" aktuell die einflussreichste Figur der internationalen Kunstszene. Das in London erscheinende Magazin setzte die 70 Jahre alte Künstlerin und Aktivistin am Freitag an die Spitze der jährlich erscheinenden "Power 100"-Liste der wichtigsten Künstlerinnen und Künstler. Auf Platz zwei folgt die in Berlin lebende Künstlerin Hito Steyerl. "Die Power Liste ist eine Rangliste der hundert lebenden Persönlichkeiten, die Kunst prägen", schreibt das Magazin. Die Bedeutung solcher Listen - in der vergangenen Woche hatte Monopol ein ebenfalls 100 Positionen umfassendes Ranking mit Isa Genzken an der Spitze vorgelegt - relativiert "ArtReview" selbst. "Wer wo stehen soll, ist ein Thema, bei dem sich niemand wirklich einig ist. Was jemanden in London oder New York einflussreich macht, ist nicht unbedingt das, was jemanden in Lagos oder Kuala Lumpur einflussreich sein lässt", heißt es im Beitrag. Die Fotografin und Filmemacherin Goldin ist aus Sicht von "ArtReview" das "sichtbarste und prominenteste Modell" einer Künstlerin, die nicht nur dokumentiere und bezeuge, sondern auch als Aktivistin und ethische Stimme agiere. Sie war im vergangenen Jahr die Nummer eins der Monopol-Top-100. In Steyerl (Platz zehn bei Monopol) sieht "ArtReview" eine Wegbereiterin der Post-Internet-Kunst, die mit ihrer Arbeit die Verbindung von Technologie und digitaler Kultur mit Kapital und Konflikten untersuche. "Das Erspüren und Darstellen der seismischen Verschiebungen in Kultur und Gesellschaft haben Steyerl zu einer Art Orakel gemacht", schreibt das Magazin. Die Top-Ten der "Power 100" sind auffallend divers und weiblich. Der zwischen Bangkok, Berlin und New York agierende Aktions- und Performance-Künstler Rirkrit Tiravanija (Platz drei) ist ebenso zu finden wie US-Künstlerin Simone Leigh (Platz vier), eine langjährige Kämpferin schwarzer, feministischer Kunst. Mit dem Briten Isaac Julien, dem aus Ghana stammenden Ibrahim Mahama, dem US-Konzeptkünstler Theaster Gates und dem britischen Regisseur Steve McQueen folgen vier weitere Künstler, für die die Auseinandersetzung mit Rassismus ein Teil der künstlerischen Arbeit ist. Der indigene Zusammenschluss Karrabing Film Collective und die chinesische Medienkünstlerin Cao Fei komplettieren die ersten zehn Ränge der Liste von "ArtReview".

Der deutsche Schauspieler Franz Rogowski hat in den USA eine Auszeichnungen erhalten und damit seine Chancen im laufenden Trophäen-Wettbewerb ausgebaut. Der New Yorker Filmkritiker-Verband NYFCC (New York Film Critics Circle) kürte Rogowski für seine Rolle in dem Beziehungsdrama "Passages" zum besten Hauptdarsteller. Die Gewinner in zwölf Filmkategorien wurden am Donnerstag  bekannt gegeben. Im vorigen Jahr holte Colin Farrell ("The Banshees of Inisherin") diesen Preis und wurde später auch für einen Hauptdarsteller-Oscar nominiert. Die Trophäen des 1935 gegründeten Kritikerverbands NYFCC zählen mit zu den ersten der vielen Filmpreis-Verleihungen in den kommenden Monaten. Häufig sind die Gewinner auch unter den Kandidaten für die im März stattfindende Oscar-Verleihung. Zum besten Film kürten die New Yorker Kritiker das Historiendrama "Killers of the Flower Moon" von Regisseur Martin Scorsese.  Hauptdarstellerin Lily Gladstone gewann als beste Schauspielerin. Auch das Drama "Oppenheimer" holte zwei Auszeichnungen - für Regisseur Christopher Nolan und für die beste Kamera. In der Sparte Internationaler Film siegte das französische Justizdrama "Anatomie eines Falls". Die Deutsche Sandra Hüller spielt darin eine Schriftstellerin, die angeklagt ist, ihren Mann im gemeinsamen Haus umgebracht zu haben. Das Drama der französischen Regisseurin Justine Triet war der diesjährige Gewinnerfilm des Festivals von Cannes.

Kunstmarkt 

"Die Zeit" interviewt den Unternehmer und Kunstsammler Reinhold Würth, der mit seiner Familie auch Privatmuseen betreibt und 20.000 Werke besitzt. "Ich staune manches Mal selber, was bei uns alles hängt", sagt er im Gespräch mit Marc Widmann. Außerdem erzählt er von Atelierbesuchen bei Künstlern, die nicht nur von purer Liebe zum Schönen geprägt waren. "Von wegen, denen geht es auch um den Erfolg. Da gibt es zur Begrüßung fast immer gleich ein Glas Champagner, weil das die Kauflust fördert. Aber ich habe schöne Erinnerungen an Christo und Jeanne-Claude, die mal unsere Firmenzentrale von innen verhüllt haben. An Markus Lüpertz, Georg Baselitz und natürlich an Anselm Kiefer: Allein mit seinen Werken könnte ich ein kleines Museum füllen."

Niklas Maak wundert sich in der "FAZ" über das Auktionshaus Bassenge, das Fotografien, die von deutsche Besatzungssoldaten von Juden gemacht haben, im Katalog empathielos anpreist: "Man fragt sich, ob irgendwem im Auktionshaus wenigstens kurz die Kaffeetasse aus der Hand gefallen ist, als er sah, was da im Katalog steht; ob inzwischen Künstliche Intelligenzen die Auktionskataloge verfassen, oder ob die KI vielleicht schon mehr Empathie und Takt gelernt hat als ein normaler deutscher Auktionator, der bei mindestens sechshundert Euro für die Juden in Polen zuschlägt."

Das Ehepaar Poju und Anita Zabludowicz haben es Mitte der Nullerjahre geschafft, sich neben Charles Saatchi als die Londoner Megasammler zu etablieren. In einer ehemaligen Methodistenkirche in Camden hat das Paar seit 2007 Werke aus der Sammlung sowie Auftragsproduktionen ortsansässiger Künstler präsentiert. Die Zabludowicz Collection im Norden Londons soll nun aber nich in diesem Jahr schließen. "ArtReview" zitiert die Gründer: "In dem Bestreben, den Zugang zur Sammlung zu erweitern, haben wir beschlossen, den Projektraum in der Prince of Wales Road 176 zu schließen, was leider bedeutet, dass das Team erheblich verkleinert wird." Die Zabludowicz Collection wird sich dann "auf den Ausbau der Leihgaben an Institutionen und die Erweiterung unserer digitalen Präsenz und unseres Angebots konzentrieren".

Design

Martin Wittler schreibt im "Spiegel", dass sich nun mehrere Autohersteller am aggressiven Design des Cybertrucks von Tesla orientieren, der seit dieser Woche in den USA ausgeliefert wird. "'Möglichst glatt, möglichst flach, möglichst kantig. In Summe monolithisch und polygonal, also vieleckig', so beschreibt Paolo Tumminelli, Professor für Designkonzepte an der Technischen Hochschule in Köln und renommierter Autodesignkritiker, den Cybertruck. Er erkennt an, dass Tesla mit dem Auto offenbar einen Nerv trifft und andere den US-Amerikanern nacheifern." 

Personalie 

Andrea Lissoni verlängert seinen Vertrag als Direktor am Münchner Haus der Kunst. Wie die "SZ" berichtet, bleibt der Italiener mindestens bis März 2030. Geschäftsführer Wolfgang Orthmayr geht in den Ruhestand und wird von Bianca Knall abgelöst.