Medienschau

"Ich möchte, dass sich das System an mich anpasst"

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Rechte Spender für das Berliner Stadtschloss, Damien Hirst im Château La Coste und Léa Seydoux rebelliert gegen Hollywood: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Antisemitismus-Debatte

Kunsthistoriker Leonhard Emmerling und Kulturmanager Wolf Iro denken in der "FR" nach den Antisemitismus-Skandalen über die Zukunft der Documenta nach: "Für die deutsche (Außen-)Kulturpolitik ist der Umgang mit anderen Perspektiven eine Herausforderung. Sollen Dialog und Austausch weiterhin handlungsleitend sein, darf man nicht unilateral die Regeln des Diskurses definieren. Das eigene Wertegefüge muss der Befragung geöffnet werden. Diese Öffnung ist nicht gleichbedeutend mit seiner Preisgabe. Die Tatsache anzuerkennen, dass der Holocaust für Partner nicht dieselbe Rolle spielen mag wie für einen selbst, bedeutet nicht, seine Singularität zu leugnen. Es bedeutet vielmehr, die Lehren aus der deutschen Vergangenheit zu einem Humanismus zu universalisieren, der Antisemitismus wie Rassismus gleichermaßen konsequent bekämpft."

Ausstellung

In den Weinbergen des Château La Coste in Aix-en-Provence eröffnet Damien Hirst gerade eine Ausstellung mit vielen neuen Arbeiten, was die "FT" zum Anlass nimmt, ganz affirmativ die Freundschaft zwischen dem britischen Künstler und dem Gutsbesitzer Paddy McKillen zu beleuchten: "Die beiden lernten sich 2008 kennen, 'durch Kumpels', sagt McKillen, darunter Bono, bei der philanthropischen Auktion "Red" von Sotheby's, die der U2-Frontmann und Hirst gemeinsam kuratiert hatten. Der Künstler hatte Château La Coste schon einmal besucht, als er bei Freunden zu Gast war, gibt aber zu, dass er dachte: 'Dieser Kerl kann sich glücklich schätzen, wenn er das in dieser Gegend auf die Beine stellt ... das ist eine so große Sache, die er da in Angriff nimmt.' Hirsts Sichtweise änderte sich mit der Zeit. 'Ich bin immer wieder hierher gekommen und habe mit meinen Hunden, meiner Freundin und meinen Kindern abgehangen. Paddy steht auf organisierte Verwahrlosung, was mir gefällt. Er sagt: Dies geschieht und das geschieht, und wenn du kommen willst, komm, und wenn nicht, dann nicht.'"

Mit "Odysseus" war vor zwei Wochen erstmals seit mehr als 50 Jahren wieder ein US-Gerät auf dem Mond gelandet. Beim Aufsetzen kippte die Mondsonde jedoch etwas und hat nun Schräglage. Was bedeutet das für die Miniskulpturen von Jeff Koons, die "Odysseus" mit an Bord hatte? Sie sind jetzt vermutlich "Weltraumschrott", schriebt Till Briegleb in der "SZ". "Die Kunstmurmeln, die in einer Plexiglas-Box den kurzen Flug für einen ewigen Aufenthalt mitgemacht haben, sind aber keineswegs ein so historisches Ereignis, wie es das irdische Marketing uns unten Gebliebenen weismachen will. Im Staub des Mondes liegt seit 1971 bereits der 'Fallen Astronaut' von Paul van Hoeydonck, den die Apollo-15-Mission als kleines Mondmemorial für verunglückte Kollegen mitgenommen hatte. Ein 'Mond-Museum' aus Keramik von der Größe eines Daumens, das Forrest Myers bereits 1969 an einem Bein der Landefähre der zweiten Mondlandung befestigt haben will, zeigt sechs Zeichnungen von Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Claes Oldenburg, David Novros, John Chamberlain und Myers selbst. Seine Existenz ist aber umstritten und müsste durch einen nächsten bemannten Mondflug instagramtauglich mit einem Handyfoto noch bewiesen werden."
 

Architektur

Dass der Förderverein zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses von Rechten mitfinanziert wurde, ist schon länger bekannt. Nun zeigen neue Recherchen von Architekt Philipp Oswalt, dass der Verein stets Kontakte ins rechte Milieu hatte. "Wie sollte dieser Symbolbau mitten in der Hauptstadt des wiedervereinten Deutschlands unser heutiges demokratisches Gemeinwesen repräsentieren?", fragt Oswalt in einem Gastbeitrag für die "Zeit": "Heute muss man sagen: Nicht nur die Idee war rückwärtsgewandt, in der konkreten Gestalt des Baus hat sich rechtslastiges Gedankengut niedergeschlagen. Denn Spenderinnen und Spender konnten sogar mittels optionaler Bausteine Einfluss auf die Ausgestaltung des Gebäudes nehmen und mit ihrem Geld etwa die Rekonstruktion der Kuppel und der Innenseite des Eosanderportals durchsetzen. Die Kuppel mitsamt ihres umstrittenen Spruchbandes, dessen Inhalt einst der preußische König Friedrich Wilhelm IV. aus Bibelversen kompilierte ('Daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind'), war 'als Vollrekonstruktion mit historischer Hülle einschließlich Balustradenfiguren' zunächst nicht in der Planung enthalten, das bestätigte die Stiftung Humboldt Forum: 'Die Freigabe erfolgte im Sommer 2011 mit der Auflage, sie über Spenden zu finanzieren.' Ohne private Spenden also keine Kuppel in der nun gebauten Form."

Umbau alter Kaufhäuser bietet kaum Potenzial für Wohnungen: Der Umbau sei extrem teuer und aufwendig, heißt in es einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Immobilienspezialisten Empirica im Auftrag des Branchenverbands Zentraler Immobilien-Ausschuss (ZIA). Zudem sei der mögliche Beitrag von Warenhäusern zur Linderung des Wohnungsmangels sehr gering. "Es gibt Fälle, in denen Wohnen als Nachnutzung realisiert wurde, die Anzahl der Wohnungen, die so geschaffen werden können, ist aber äußerst begrenzt", teilte der ZIA mit.  "Die Vorstellung, dass Kaufhäuser, über deren Nachnutzung sich Entscheider vielerorts den Kopf zerbrechen, bald im großen Stil zu Wohnungen umgemodelt werden, ist reizvoll, leider aber oft zu schön, um wahr zu sein", sagte ZIA-Vizepräsidentin Iris Schöberl. Angesichts der geschätzten Zahl von 720 000 Wohnungen, die bis 2025 hierzulande fehlten, sei der Beitrag einer Umnutzung überschaubar. Allenfalls Gründe wie die Bewahrung stadtbildprägender Fassaden könnten für den Erhalt und die Nachnutzung von Kaufhäusern sprechen. Nach Empirica-Recherchen wurden seit Ende der 1990er-Jahre in Deutschland 131 Warenhäuser der Ketten Karstadt, Hertie, Kaufhof, Horten und Galeria geschlossen. Etwa ein Drittel davon stehe leer. In den 56 ehemaligen Kaufhäusern, die als eigenständige Gebäude erhalten geblieben seien und genutzt würden beziehungsweise sich im Umbau befänden, seien nur in acht Häusern Wohnungen entstanden, so die Studie. Die meisten davon lägen im Kerngebiet, also im Stadtzentrum. Dort sind laut der Angaben insgesamt rund 350 Wohnungen entstanden oder befinden sich im Bau. Kostentreiber bei der Umwidmung sei es beispielsweise, in großen Gebäuden für genug Tageslicht und Belüftung zu sorgen. Verteuert werde der Umbau durch lange Umplanungs- und Genehmigungszeiten und viele Vorschriften, etwa beim Denkmalschutz.

Film

Schauspielerin Léa Seydoux hat den Umgang der US-Filmindustrie mit Frauen kritisiert. Hollywood sei hart gegen Frauen, in Europa sei es für sie viel einfacher, sagte die 38-jährige Französin der Zeitschrift "Harper's Bazaar UK". "In Amerika muss man sich anpassen. Ich möchte mich nicht an das System anpassen - ich möchte, dass sich das System an mich anpasst", sagte sie. "Ich versuche nicht, beliebt zu sein. Ich versuche nur, Spaß zu haben." In den USA gehe es nur ums Geld, und das führe dazu, die eigene Freiheit zu verlieren. "Für Frauen ist es schwer, älter zu werden. Ich möchte keine Angst davor haben, nicht begehrenswert zu sein oder meinen Vertrag zu verlieren", sagte Seydoux. "Ich fühle mich nicht wohl dabei, wenn man alle Erwartungen erfüllen muss." In Europa habe sie mehr Freiheiten. So habe sie etwa noch nie einen Film wegen der Bezahlung gemacht. Vielmehr müssten Filme sie intellektuell stimulieren.