Medienschau

Wird der Mond eine Deponie schlechter Kunst?

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Jeff Koons' Mondfahrt, Besuch in der Caspar-David-Friedrich-Stadt Greifswald und der Absturz der Kunstmedienunternehmerin Louise Blouin: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Kunstgeschichte

Paul Jandl hat für die "NZZ" ein Schaulager mit DDR-Kunst im brandenburgischen Beeskow besucht.: "17 000 Gemälde, Grafiken, Zeichnungen und Büsten werden in den folgenden Jahren nach Beeskow gebracht. In eine Asservatenkammer der Kunstgeschichte, von der bis heute kaum jemand weiss, die es aber in sich hat. An den Schieberegalen hängt ein früher Neo Rauch neben einem Werk Willi Sittes. Es gibt Blätter von Werner Tübke neben dem üblichen DDR-Selbstbeweihräucherungskitsch. Wo sich die angestaubten Büsten von Sozialrevolutionären und Parteigenossen türmen, riecht es nach Altlastendrama. Nach ein bisschen Kunst zwischen viel Krempel. Aber so ist es nicht. Beeskow ist ein Zeitspeicher. Die Uhren haben hier nicht aufgehört zu ticken." Dem Kritiker erscheint hier vieles auf einmal viel weniger staatstragend als gedacht, dafür aber ironisch.

Und noch einen Ausflug nach Ostdeutschland: Renate Meinhof hat sich für die "Seite Drei" der "SZ" auf den Weg nach Greifswald gemacht, um zu sehen wie man an der bekanntesten Wirkstätte von Caspar David Friedrich das große Jubiläumsjahr feiert. "Mit viel Geld von Land und Bund hat das kleine Greifswald ein großes Programm auf die Beine gestellt. Im 'Jubiläumsbüro' der Stadt trifft man Menschen, die, wenn sich die Schlacken der Marketingsprache nach einer Viertelstunde des Gesprächs in Nichts aufgelöst haben, den Kern so formulieren, dass man versteht: Nichts sei wichtiger, als dieses Jahr so zu feiern, dass es 'Friedrich würdig ist', dass die 'Marketingmaschine nicht ausufert', wie Susanne Papenfuß sagt. Aber wird das gelingen? Frau Papenfuß ist Fachreferentin für Friedrich im 'Jubiläumsbüro' der Stadt. Der 'Hype' um den Maler, den Deutschland gerade erlebe, sei für sie nur erklärbar mit der 'ganz unmittelbaren Wirkung seiner Bilder'. Friedrich sage, 'du bist Teil des Landes, der Natur'. Er, tief protestantisch geprägt, malt Menschen, versunken in der Betrachtung der Schöpfung, der Weite. Menschen, die Wege zurückgelegt haben, die gewandert sind. Mit Friedrich könne man wieder 'schauen lernen, innehalten', sagt Susanne Papenfuß in einem kleinen Café am Greifswalder Markt, 'wieder sensibel werden für das, was wichtig ist. Viele sind heute doch wie mit einem Isolierband umwickelt'. So nimmt sie es wahr."
 

Skulptur

Jeff Koons' 125 "Moon Phase"-Skulpturen sollen heute auf dem Mond landen. Ursular Scheer kommentiert in der "FAZ": "Wird der Mond im Zeichen kommerzieller Raumfahrt zu einer vom Markt kuratierten Deponie schlechter Kunst? Sieht danach aus, doch wer nun in die Hände klatscht und geistig eine Liste von Werken zum Auf-den-Mond-Schießen erstellt, sei gewarnt: Monumentales ist der Transportmöglichkeiten wegen vom Export ausgeschlossen. Umgekehrt müssen Fans des artistischen Weltraumprojekts hinnehmen, dass die Idee so neu nicht ist. Neben allerlei Raumfahrtschrott liegt längst Kunst im Staub des Erdbegleiters: 1971 brachte die Apollo-15-Crew Paul Van Hoeydoncks winzige Metallfigur eines „Gefallenen Astronauten“ auf den Mond, und 1969 ließen die Kollegen von Apollo 12 wohl eine Miniatur-Keramikkachel mit Zeichnungen unter anderem von Robert Rauschenberg, Claes Oldenburg und Andy Warhol zurück. Warhols Beitrag: ein Penis-Graffito." Für Monopol hat Daniel Völzke das Projekt kommentiert

Kunstberichterstattung

Die einstige US-Verlegerin Louise Blouin, der Kunstpublikationen wie "BlouinArtInfo" und das "Modern Painters"-Magazin gehörten, musste gerade vor das Konkursgericht, um ihr luxuriöses Anwesen in den Hamptons für 89 Millionen Dollar zu verkaufen. Der "New York Times", die in einem großen Porträt den Aufstieg und Fall der Mogulin nacherzählt, sagte sie nun, sie habe "nicht viele Fehler gemacht": "Man kann niemanden verurteilen, weil er einmal in seinem Leben ein Problem hatte. Ich bin sicher, dass Steve Jobs keine perfekte Erfolgsbilanz hatte." Blouin, die Autoren nicht bezahlt haben soll, sagt, sie habe "keine Ahnung", warum so viele Leute sie beschuldigten, sie nicht richtig entschädigt zu haben. "Ich habe keine Gläubiger", sagte sie, "ich habe nur eine winzige Sache mit der Steuerbehörde". Und: "Die Kunst ist für mich Philanthropie. Es ist kein Geschäft. So sehe ich es also. Es geht darum, anderen zu helfen. Es ist Philanthropie, anderen durch die Kunst zu helfen. Wie kann man die Künste für den kreativen Prozess nutzen? Wie nutzt man die Künste für die Neurologie und die Entwicklung der Sinne und all diese Dinge? Es war nie ein Geschäft."

Kunstmarkt

Erstmals zeigt die Art Karlsruhe Nachwuchskünstler aus Baden-Württemberg in einer Sonderausstellung: Auf dem "Academy Square" präsentieren sich 14 ehemalige Kunsthochschüler aus Karlsruhe und Stuttgart. "Engagiert, innovativ, originell" urteilt Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr über den Nachwuchs im Gespräch mit dem SWR2. Sie hat die Ausstellung für die Kunstmesse mit Begeisterung kuratiert.

KI

Die beiden Rechtswissenschaftler Jannis Lennartz und Viktoria Kraetzig schreiben in einem Gastbeitrag für die "FAZ" über die Umwälzungen, die Künstliche Intelligenz im Kunstbetrieb bringen: "Das Zusammentreffen von Kreation und Krise sollte misstrauisch machen. Die Fotografie steht für den letzten großen Einbruch der Technik in die Kunst. Wir stehen an der Schwelle zum nächsten: Während die Fotografie sich damit begnügt, Gegenstände künstlerischer Befassung einzufangen und so dem Pinsel Konkurrenz zu machen, führt KI gewissermaßen den Arm, welcher den Pinsel hält: Gefüttert mit allem, was digital zu finden ist, kann KI sowohl Werke der bildenden Kunst nachschaffen wie auch die Stimme von der Zunge lösen und im elektronischen Chor singen machen."

Film

"The Zone of Interest"-Hauptdarsteller Christian Friedel hat die Dreharbeiten zu dem Auschwitz-Historiendrama als sehr intensiv empfunden. "Ich hatte eine kleine Panikattacke im Sommer (...)", sagte Friedel der "Rheinischen Post". Der Film wurde im polnischen Oswiecim gedreht, dem Standort des deutschen nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz. "Das Lager war 20 Meter entfernt, das Originalhaus vielleicht 50 Meter", sagte Friedel, der in dem Film den KZ-Kommandanten Rudolf Höß spielt. Sein Körper habe rebelliert: "Der Körper spricht die Wahrheit, er wehrt sich gegen die Seele, die da drin ist." Das Holocaust-Drama "The Zone of Interest" - Kinostart ist am 29. Februar - ist fünf Mal für die Oscarverleihung im März nominiert. Unter anderem wurde Friedels Co-Darstellerin Sandra Hüller (45) für den Oscar als beste Schauspielerin nominiert.
 

Das besondere Kunstwerk

Der aktuelle Demokratiebewegungsohrwurm "Für immer Frühling" der Newcomerin Soffie ist nach Angaben der Sängerin zwischen den Jahren ohne Kalkül entstanden. "Die Grundidee entstand in den ruhigen Tagen zwischen Weihnachten und Silvester 2023", sagte die 24-Jährige dem "Mannheimer Morgen". Eigentlich habe sie ihre Sehnsucht nach dem Sommer ausdrücken wollen. "Dann ist mir aber aufgefallen, dass mir der Sommer zu heiß ist. Deswegen der Frühling." Einen konkreten politischen Anlass habe es beim Schreiben nicht gegeben, tritt Soffie (mit zwei F als Sängerin) Spekulationen entgegen, sie habe gezielt einen Soundtrack zur neuen Bewegung gegen rechts liefern wollen. "Vom kurzen Social-Media-Clip zur deutschlandweiten Anti-AfD-Hymne", beschrieben die Ermittler der Offiziellen Deutschen Charts neulich das Lied. Der Song der Popakademie-Studentin Sofie Aspacher, die laut "Mannheimer Morgen" aus der Region um Backnang kommt, stieg vor bald drei Wochen in den Charts auf Platz 17 ein und kletterte dann auf Platz 15. "Ich bin natürlich maximal überrannt", sagte die Indie-Pop-Sängerin. "Ich bin ja noch ganz neu auf diesem Level und muss das alles erstmal ein bisschen ordnen."In dem Lied heißt es: "In das Land, in dem für immer Frühling ist/Darf jeder komm’n und jeder geh’n, denn es gibt immer ein’n Platz am Tisch (...) Alle sind willkomm’n, kein Boot, das sinkt im Mittelmeer." Soffie sagte: "Ich glaube, das ist auch der Grund, warum der Song gerade so eine riesige Welle schlägt: Weil er nicht so – ich sage es mal in Anführungszeichen – aggressiv ist. Weil sich darauf viel viel mehr Menschen irgendwie einigen können und das Lied einfach nur ein schönes Bild von einer friedlichen Welt zeichnet. Und dagegen kann man eigentlich nichts sagen." Aber der Erfolg hat Schattenseiten. Am Anfang seien die Kommentare im Internet und in sozialen Medien hauptsächlich positiv gewesen. "Dann wurde es immer böser und aggressiver, so dass ich die Kommentare nur noch in Momenten öffne, in denen ich mich stabil genug fühle. Weil einem da die grausamsten Dinge an den Kopf geworfen werden."