Medienschau

"Die Polarisierung im Kulturkampf nimmt einmal mehr zu"

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Sotheby’s siegt im Rechtsstreit gegen Oligarchen, die Online-Petition "Stand With Documenta" und Laurie Andersons Rückzug von ihrer Professur in Essen: Die ist unsere Presseschau am Mittwoch

Debatte

Um die Kunstfreiheit auf der Documenta machen sich im Moment viele Akteure aus der Kunstwelt sorgen. Manche sehen sie nach den Antisemtismus-Eklats seit dem Sommer 2022 und vor einer geplanten Strukturreform politischem Einfluss ausgeliefert und sogar vom Tod bedroht. Über die Online-Petition "Stand With Documenta" berichtet Ulrich Seidler in der "Berliner Zeitung". Dieser hat sich unter anderem der ehemalige Kasseler Bürgermeister Hans Eichel angeschlossen. "Die Documenta habe sich in ihrer fast 70-jährigen Geschichte zur weltweit bedeutendsten Ausstellung moderner Kunst entwickelt, so heißt es im Text. 'Sie schafft alle fünf Jahre den Raum für die künstlerische Sicht auf die zentralen Fragen der globalen Welt. Das war und ist nur möglich durch den völligen Verzicht der Politik, auf künstlerische Fragen Einfluss zu nehmen.'"

Dass die US-Künstlerin Laurie Anderson ihre Professur an der Folkwang-Universität in Essen nicht antreten will, hat laut des "Welt"-Autors Markus Woeller sowohl der Institution als auch der Künstlerin selbst geschadet. Nachdem Anderson keine Fragen zu ihrer Unterschrift einer BDS-Petition beantworten wollte, hatte die Universität den Rückzug als "beste Lösung" bezeichnet. Woeller ist anderer Meinung: "Ganz sicher war es das nicht. Denn nun macht wieder das schreckliche Wort von der Gesinnungsprüfung die Runde. Es verdreht leider die Tatsache, dass es völlig legitim ist, ein im Internet abgelegtes Zeugnis einer politischen Haltung, öffentlich zu diskutieren. Der Ruf der noch jungen Pina-Bausch-Professur und so vielversprechend gestarteten ist angeknackst. Die Folkwang Universität ist beschädigt, weil sie die Diskussion offenbar nicht moderieren konnte. Und Laurie Anderson diskreditiert sich als naiv, wenn sie, die für eine politisch-diskursive Kunst steht, sich keine Fragen zu ihrer Einstellung gefallen lassen will und den beleidigten Selbstboykott für den besten Weg hält. Traurige Folge: Die Polarisierung im Kulturkampf um Kunst- und Meinungsfreiheit nimmt damit einmal mehr zu."

Kunstmarkt

Der Milliardär Dmitri Rybolowlew scheitert in New York mit seiner Klage gegen Sotheby’s, meldet Ursular Scheer in der "FAZ". Der russische Oligarch wirft dem Auktionshaus vor, dem Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier geholfen zu haben, der selbst Kunstwerke gekauft und sie mit Aufschlägen in zweistelliger Millionenhöhe an Rybolowlew weiterverkauft hat. "Fünf Stunden berieten die zehn Geschworenen, denen als Beweismaterial unter anderem E-Mail-Wechsel zwischen Bouvier und dem Leiter des Privatkundengeschäfts von Sotheby's, Samuel Valette, vorgelegt worden waren. Der Argumentationslinie des Klägers - Rybolowlews Firma Accent Delight International - folgend, sollten die E-Mails zeigen, dass Valette im Sinne Bouviers Schätzpreise angehoben habe, mit denen der Schweizer dann an Rybolowlew herantreten konnte. 'Eindeutige und überzeugende' Beweise dafür, dass Valette etwa von fingierten Verhandlungen mit nicht existierenden anderen Interessenten gewusst haben sollte, konnten die Geschworenen nicht finden."

Architektur

"Das ist wirklich alles?", fragt Matthias Alexander in seinem"FAZ"-Artikel  "Von einem erschöpften Berufsstand" entsetzt angesichts der Preisträgerausstellung zum DAM-Preis im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main. "Das sollen die Besten sein unter allen Bauwerken, die hiesige Architekten und ihre nicht wenigen ausländischen Kollegen, die hierzulande Aufträge ergattert haben, zwischen Ende 2021 und Frühjahr 2023 fertiggestellt haben? In einem Jahr wohlgemerkt, in dem noch nicht die große Krise auf dem Bau herrschte; in dem vielmehr vieles fertiggestellt wurde, was sich wegen Corona verzögert hatte." Ein Problem, dass Alexander ausmacht: Die Zahl der Wettbewerbe und unter diesen insbesondere der offenen sei in den vergangenen zehn Jahren stark zurückgegangen, womit "Großtalenten der Durchbruch verwehrt bleiben könnte".

Fotografie

Als zeitgenössische Monumente der Kontemplation beschreibt Philipp Meier in der "NZZ" die Arbeit des US-Fotografen Jeff Wall, der gerade in der Fonsation Beyeler ausstellt. Der Autor sieht Wall als Brückenbauer zwischen den Medien: "Dieses fotografische Werk ist anders als das, was wir von Fotografie gewohnt sind. Jeff Wall spricht von Tableaus, nicht von Fotos. Und meint Gemälde, grosse Gemälde, mit der Kamera als Pinsel und dem Licht als Farbe gemalt. Tatsächlich hat spätestens mit ihm die Fotografie das Feld endgültig erobert, das einstmals der Malerei vorbehalten war."