Medienschau

"Düpiert von der vermeintlich so leicht ausrechenbaren KI"

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Verwirrspiele zwischen Mensch und KI, propalästinensische Attacke auf Politiker-Porträt und Polens Weg aus der Kultur der Rechtspopulisten: Das ist unsere Medienschau am Montag


Debatte

Eine Attacke propalästinensischer Aktivisten auf ein gemaltes Porträt des britischen Politikers Arthur Balfour in Cambridge analysiert Gina Thomas in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der ehemalige Außenminister Balfour gilt als einer der Wegbereiter eines israelischen Staates, und sein Bild wurde nun aufgeschlitzt und mit Farbe besprüht, da er die "ethnische Säuberung Palästinas" initiiert habe. Autorin Thomas sieht darin jedoch eine Verzerrung historischer Tatsachen. "Unerwähnt bleibt der Vorbehalt der Balfour-Erklärung, dass nichts geschehen solle, 'was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nicht-jüdischer Gemeinschaften in Palästina' in Frage stellen könne."
 

Wie steht es um Polens Kultur nach dem Ende der PiS-Ära? Gabriele Lesser hat sich für die "Taz" auf die Suche nach Antworten gemacht. "Ein hörbares Aufatmen geht durch Polens Kulturszene. Acht Jahre nationalpopulistische Kunst- und Kulturpolitik der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gehen zu Ende". Lesser erklärt, warum Polen nach dem Regierungswechsel seinen Pavillon auf der Venedig Biennale austauscht, erwähnt den Umbau des PiS-Staatsfernsehens "zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie er in Polens Verfassung vorgesehen ist" unter dem neuen Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz. Und sie fragt nach der Zukunft der Museen. Unter dem früheren PiS-Kulturminister Piotr Gliński wurden Museen und Institute in ganz Polen gegründet, die allesamt die Stärkung der nationalen Identität zum Ziel hatten. "Diese neuen Museen müssen nun auf den Prüfstand. Gut nur, dass es auch hunderte Museen und Kulturinstitute in Polen gibt, die frei sind von jeder Bevormundung und Parteiideologie. Das sind vor allem die großen Stadt-Museen und kleinere Häuser, die auf Privatinitiativen zurückgehen."


Kunst und KI

Sitzen Sie gerade mehr oder weniger beschäftigt im Büro/am Rechner und haben Lust auf ein wenig Abwechslung? Auf der Seite "Human or not" kann man zwei Minuten lang eine zufällige Chat-Konversation führen – ist die Zeit um, muss man tippen, ob man sich mit einer KI oder mit einem echten Menschen unterhalten hat. Michael Moorstedt stellt das Social Turing Game in der "Süddeutschen Zeitung" vor und resümiert seine Probeläufe: "Nach einem knapp einstündigen Test, also gut 30 Chats, hat man sich eine Lektion in Demut eingefangen. Die Bilanz ist erschreckend, in gerade mal zwei Drittel der Fälle lag man richtig. Düpiert von der vermeintlich so leicht ausrechenbaren KI."

Menschliches Schaffen in Frage stellen auch generative KIs wie das Programm Midjourney, das aus Textbefehlen Bilder erstellt. Wie "Heise" berichtet, soll es der Software nun noch besser gelingen, spezielle Künstler nachzuahmen. "Der Bildgenerator von Midjourney bekommt in seiner aktuellen Version 6 eine zunächst quasi umgekehrte Funktion", schreibt Eva-Maria Weiß. "Er lässt sich dazu nämlich mit einem Bild füttern, daraufhin erklärt Midjourney, was auf dem Bild zu sehen ist. Nimmt man diese Erklärung und fügt sie in einen Prompt ein, lassen sich weitere Bilder in genau diesem Stil generieren. Dass diese Art des Kopierens bei Urhebern nicht gut ankommt, ist wenig verwunderlich." Wie es im Artikel weiter heißt, beteiligen sich Künstler inzwischen nicht nur an Sammelklagen gegen die Tech-Konzerne, sondern auch an Anti-Trainings-Kampagnen, die KIs verwirren sollen. "Künstler setzen sich vermehrt zur Wehr, indem sie beispielsweise Tools wie Nightshade nutzen, die Bilder für das Training von KI-Modellen vergiften. Sie zeigen eine Kuh, behaupten jedoch, es sei eine Katze – oder ähnliches." Macht kaputt, was euch kaputt macht.


Architektur

Matthias Alexander ist in der "FAZ" schwer angetan von den Bauten des japanischen Architekten Kengo Kuma, dem die Bundeskunsthalle in Bonn derzeit eine Ausstellung widmet. Während die hiesige Architektur in der Misere stecke ("Im ländlichen Raum bildet kreuzbrave, zwischen Ostsee und Alpenvorland austauschbare Holzarchitektur mit Satteldach die Hauptströmung, in den Großstädten von Berlin bis München sind es an Ansehnlichkeit ostentativ desinteressierte Sichtbeton-Glas-Kisten – mit einer von CO2-Erbsenzählern zertifizierten Ökobilanz als gemeinsamem Nenner"), sei der Ansatz Kumas ein künstlerischer: "Die Wirkung von Gebäuden lässt sich nicht allein mithilfe von Logik erfassen, er versteht seine Bauten vielmehr als Klangkörper, durch die er in diesen selbst, aber auch in den Betrachtern und Nutzern etwas zum Singen oder gar Tanzen bringen möchte. Was für manche esoterisch klingen mag, ist nur seine Art, die seelische Verarmung, die mit der Moderne einhergegangen ist, zu überwinden."