Kunst-Tipps

Wohin am Wochenende?

Das Helmi "All men must die" im Sommerbad Humboldthain, 2018
Foto: Holger Rudolph

Das Helmi "All men must die" im Sommerbad Humboldthain, 2018

Unsere Eröffnungen der Woche: Die beste Kunst in Berlin, Büdelsdorf, Fellbach, Hannover, München, Regensburg, Rostock und Weimar


Kunst im Schwimmbad in Berlin 

Der Freibadkiosk "Tropez" im Sommerbad Humboldthain ist ein Kunstort der besonderen Art. Seit 2017 stellen hier internationale Künstler ihre Arbeiten aus. Das diesjährige Gruppenausstellung "Amour" nimmt Bezug auf ihren Veranstaltungsort. Die Besucher können bis September über das ganze Areal verteilt Werke mit Schwimmbad-Bezug entdecken. Skulpturen, Fotografien, Filme, Virtual-Reality-Installationen und digitale Kunstwerke setzen sich mit der Verständigung zwischen den Badenden auseinander, widmen sich dem Körper als begehrtem und begehendem Objekt und untersuchen die Wirkung der Parkanlage Humboldthain. Die Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle von Ökologie, Technologie, Linguistik, Statik, Poesie und Politik.

Performed wird nicht nur im, sondern auch neben dem Becken: Puppentheater, Tanz und Soundperformances wollen die Außergewöhnlichkeit des Aufführungsorts verdeutlichen und beziehen das Publikum mit ein, um die verschiedenen Facetten von Gemeinschaft zu untersuchen. Daneben werden Lesungen, Livesets und Screenings stattfinden. Auch für die jungen Badegäste gibt es das Programm "1,2,3, Soleil".

Tropez: "Amour", Sommerbad Humboldthain in Berlin, bis 1. September


Orte im Wandel in Berlin 

Seit rund 30 Jahren hält die Schweizerin Vera Rüttimann ihren Weg durch die Berliner Kastanienallee in die Zionskirche mit der Kamera fest. Fotografien und Videoarbeiten zeigen den Wandel der Orte seit dem Mauerfall. Sie werden nun im Rahmen des Projektes "Grenzfälle 1989-2019“ in der Zionskirche ausgestellt – dort, wo sich 1986 die oppositionelle Gruppe "Friedens- und Umweltkreis in der Zionsgemeinde" zusammenschloss und mit einer Zeitschrift den kirchlichen Widerstand gegen das DDR-Regime verbreitete. Für Vera Rüttimann ist die Kirche ein Ruhepohl. Auch der heute belebten, bunten Straße in Prenzlauer Berg fühlt sich die Fotojournalistin verbunden. Ihre Aufnahmen zeigen Geschäfte, Bars und Cafés in der Kastanienallee, die heute nicht mehr existieren. Die Künstlerin hat Zeitdokumente Berlins und ihr eigenes kleines "Wonderland" geschaffen.

Vera Rüttimann: "Mein Berlin-Wonderland", Zionskirche in Berlin, 2. Juni bis 30. Juni 2019


NordArt in Büdelsdorf

Büdelsdorf bei Kiel mag nicht Venedig sein, aber auch hier öffnet an diesem Woche eine große Schau weltweiter Gegenwartskunst. Die Veranstalter der 21. NordArt rechnen mit mindestens 100.000 Besuchern. In der Carlshütte, einer ehemaligen Eisengießerei in Büdelsdorf knapp 40 Kilometer von Kiel, werden bis zum 13. Oktober rund 1.000 Kunstwerke aus mehr als 100 Ländern gezeigt. Den Länder-Pavillon hat diesmal Frankreich gestaltet. Künstler aus China, der Mongolei und Tschechien bilden weitere Schwerpunkte. Der tschechische Bildhauer Michal Gabriel nimmt den mit 10.000 Euro dotierten NordArt-Preis entgegen.

Chefkurator Wolfgang Gramm sagte, ein Trend seien "grüne Themen", etwa Klimawandel und Umweltverschmutzung. Man habe aber keine thematischen Vorgaben, sondern biete ein Forum. Sämtliche Genres sind vertreten  Gemälde, Videoarbeiten, Fotokunst, Skulpturen.

Die Werke werden in den früheren Industriehallen, einer alten Wagenremise und einem Skulpturenpark gezeigt. Seit einigen Jahren sind in die NordArt auch Veranstaltungen des Schleswig-Holstein Musik Festivals eingebunden. Ein Höhepunkt ist am 10./ 11. August das originelle Musikprogramm "The Big Bach" unter anderem mit einer Steel Band aus Trinidad und Tobago.

Die Kuratoren des französischen Länderpavillons, Jérome Cotinet-Alphaize und Marianne Derrien, wollen einen großen Überblick  über die Kunstszene in Frankreich geben und widmen sich den beiden jüngsten Künstler-Generationen seit Ende der 1960er-Jahre. Die Kuratoren haben Arbeiten ausschließlich von Frauen ausgewählt, die in Frankreich leben. Unter anderem sind zehn Künstlerinnen, die für den renommierten Prix Marcel Duchamp nominiert waren, mit ihren Arbeiten vertreten. (dpa)

NordArt in Büdelsdorf, bis 13. Oktober
 

Triennale Kleinplastik in Fellbach

Die traditionsreiche Triennale Kleinplastik in Fellbach (Baden-Württemberg) wagt in diesem Jahr einen Blick weit zurück in die Geschichte und spürt den Ursprüngen der Kunst nach. Die 14. Auflage verbinde 40.000 Jahre alte Arbeiten mit zeitgenössischen Werken, kündigte die diesjährige Kuratorin Brigitte Franzen an. Denn die ältesten bekannten Kunstgegenstände der Menschheit  kleine Skulpturen aus der Eiszeit  seien in der Nähe von Fellbach bei Stuttgart, auf der Schwäbischen Alb gefunden worden.

So werden der berühmte Löwenmensch oder die Venus vom Hohle Fels ab dem 1. Juni in der Ausstellung als Repliken zu sehen sein  die Originale sind nur 31 beziehungsweise 6 Zentimeter groß. "Kleine Formate sind immer leicht transportabel, sie können in unmittelbarer Nähe zum menschlichen Körper getragen werden und können dabei gleichzeitig etwas Großes, auch Abstraktes modellhaft begreifbar machen", hieß es in einer Mitteilung zur Ausstellung. Inwiefern diese enge Beziehung zwischen Mensch und Objekt auch in der heutigen Kunst noch wirksam ist, dem will die Ausstellung nachgehen.

Kunst als "Abbild und Ausdruck der Neugier und des Antriebs" soll laut der Kuratorin ein Leitfaden der diesjährigen Triennale sein. Rund 150 Objekte von mehr als 60 Künstlern der vergangenen zwei Jahrzehnte werden bis zum 29. September ausgestellt. Die Triennale wurde 1980 als Forum für für zeitgenössische Skulptur gegründet. (dpa)

"Triennale Kleinplastik" in Fellbach, bis zum 29. September


Kurt Schwitters in Hannover

Der deutsche Maler und Installationskünstler Kurt Schwitters gilt als Großvater der zeitgenössischen Kunst: Zum 100. Geburtstag des von ihm erfundenen Konzepts Merz widmet das Sprengel Museum Hannover dem 1948 gestorbenen Avantgardekünstler eine große Ausstellung. Gezeigt werden selten ausgestellte Werke aus der eigenen Sammlung zu Schwitters und seinen internationalen Weggefährten. Merz besagt, dass alle Materialien und Medien für künstlerische Zwecke genutzt werden können – vom Bindfaden über Bustickets bis hin zu Texten und Tönen.

In der bis zum 6. Oktober laufenden Ausstellung sind collagierte Merzbilder, Merzdichtung wie die berühmte Liebeshymne "An Anna Blume" oder die "Ursonate" sowie der rekonstruierte Merzbau zu sehen. Der Merzbau – eine grottenartige, begehbare Skulptur – gilt als erste Installation überhaupt. Das Originalwerk in Schwitters Wohnung in Hannover wurde bei einem Bombenangriff der Alliierten 1943 zerstört. Zwischen 1923 und 1932 verlegte Schwitters die avantgardistische Zeitschrift "Merz", die er als Sprachrohr für seine Ideen nutzte. Die Schau mit dem Titel "100 Jahre Merz. Kurt Schwitters. Crossmedia" stellt auch eine neue wissenschaftliche Edition dieser Reihe vor.

Die Merzkunst sei international vernetzt gewesen und habe zwischen den Richtungen Dada und Konstruktivismus vermittelt, erklärten die Ausstellungsmacher. Daher sind in der Ausstellung unter anderem auch Werke von Hans Arp, Hannah Höch, El Lissitzky und Piet Mondrian vertreten. (dpa)

"100 Jahre Merz. Kurt Schwitters. Crossmedia", Museum Hannover, bis 6. Oktober


"Titanic"-Zeichnungen in München

Karikaturen, die Ilse Aigner, Franz Josef Strauß oder Theo Waigel zeigen, bitterböse Zeichnungen und bewusst geschmacklose Titelbilder: Das Münchner Valentin-Karlstadt-Musäum zeigt in einer Sonderausstellung seit Dienstag rund 80 Zeichnungen aus dem Satiremagazin "Titanic".

Nach den Zeichnungen gebuddelt haben die Ausstellungsmacher unter anderem bei ehemaligen und aktuellen Titanic-Karikaturisten, in der Redaktion selbst, bei privaten Sammlern und dem Caricatura-Museum in Frankfurt. Bis zum 9. Juli hängen im dem kleinen Sonderraum unter anderem mehrere Originale der Hamburger Zeichnerin Hilke Raddatz, die seit Gründung der "Titanic" bis heute für jede Ausgabe fünf Prominente für die Rubrik "Briefe an die Leser" karikiert. Daneben hängen unter anderem Bilder des Münchner Cartoonisten Rudi Hurzlmeier und Zeichnungen der "Neuen Frankfurter Schule". (dpa)

"TITANIC – Hier lacht der Betrachter", Valentin-Karlstadt-Musäum, bis 9. Juli


Katharina Sieverding in Regensburg

Zwischen Geschichte und Politik, Individuum und Gesellschaft verläuft das Spannungsfeld, in dem die Fotografin Katharina Sieverding arbeitet. Die 1944 in Prag geborene Künstlerin setzte 1992 mit ihrer vierteiligen Fotoarbeit "Deutschland wird deutscher" einen entschiedenen Akzent gegen das damalige Aufkeimen nationalistischer Gesinnung. Das Thema hat sich leider nicht erledigt, daher widmet sich das Regensburger Kunstforum Ostdeutsche Galerie nun der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des zentralen Sieverding-Werks.

Katharina Sieverding: "Deutschland wird deutscher", Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, bis 8. September


Palast der Republik in Rostock

Der einzige Museumsneubau der DDR verwandelt sich in den wohl bedeutendsten Kulturbau der ehemaligen DDR. Denn in der Kunsthalle Rostock eröffnet dieses Wochenende die Schau "Palast der Republik. Utopie, Inspiration, Politikum". Der Palast der Republik in Berlin, der 2008 abgerissen wurde, war seit 1976 sowohl Regierungssitz als auch Kulturinstitution der DDR. In der Kunsthalle Rostock wird die Geschichte des Palasts anhand von mehr als 45 Kunstwerken rekonstruiert. Sie zeigen sowohl Auf- und Abbau des Architekturwerks als auch seine Bedeutung für Gesellschaft, Politik und Kunst. Das Museum für zeitgenössische Kunst feiert 50-jähriges Jubiläum, sodass parallel eine Sammlungsausstellung zu sehen ist.

"Palast der Republik. Utopie, Inspiration, Politikum", Kunsthalle Rostock, bis 13. Oktober


Porzellan und Bauhaus in Weimar

Eine neue Ausstellung im Weimarer Schloss Belvedere zeigt ab Mittwoch Porzellan-Werke, die sich an der Designschule des Bauhaus orientieren. 12 internationale Künstlerinnen und Künstler haben dafür jeweils mehrere Porzellanstücke angefertigt – Essgeschirr etwa, aber auch Tischschmuck. Vor dem Hintergrund des Bauhaus-Jubiläums 2019 sollen sie an die Idee der Kunst- und Designschule anknüpfen, Ernährung mit gemeinschaftlichem Arbeiten und Leben zu verbinden.

Die Künstlerinnen und Künstler kommen aus den Bereichen Keramik-, Möbel- und Industriedesign sowie der Freien Kunst. Die Stücke sollen mit der historischen Porzellansammlung auf Schloss Belvedere in einen spannungsreichen Dialog treten, wie ein Sprecher der Klassik Stiftung Weimar am Dienstag mitteilte. Die Kunstwerke sind Ergebnisse eines Künstlerworkshops, den der Porzellanhersteller Kahla jährlich veranstaltet. (dpa)

"Tasting Tasting – Porzellan, Bauhaus und Kulinarik", Schloss Belvedere in Weimar, bis 26. Oktober 2019