Neue Nationalgalerie

So urteilt die Presse über die Berufung Klaus Biesenbachs

Foto: dpa
Foto: dpa
Klaus Biesenbach 2012 auf Besuch in Berlin

Klaus Biesenbach wird 2022 Direktor der frisch sanierten Neuen Nationalgalerie in Berlin und des noch entstehenden Museums des 20. Jahrhunderts nebenan. Die Reaktionen auf dieser Ernennung fallen gespalten aus. Eine Presseschau

Die Meldung war am vergangenen Freitag für die Kunstwelt von Los Angeles und Berlin gleichermaßen eine Überraschung: Drei Jahre nach seiner Berufung zum Leiter des Museum of Contemporary Art (MOCA) in Los Angeles wird bekannt, dass Klaus Biesenbach zum 1. Januar 2022 Direktor der Berliner Neuen Nationalgalerie und des Museums des 20. Jahrhunderts wird. "Der Weggang von Biesenbach erfolgte eine Woche, nachdem das MOCA Johanna Burton zur neuen Direktorin ernannt hat und angekündigte, dass sie sich die Leitung des Museums mit Biesenbach teilen würde", schreibt die "New York Times".

Die Zeitung zitiert zwei anonyme Kuratoren, laut denen war das MOCA-Kuratorium von Biesenbachs Ankündigung überrumpelt, mehrere Mitglieder sagten, sie fühlten sich im Stich gelassen. Hätte das Kuratorium vom Weggang des Deutschen früher gewusst, hätte man die zweite Leitungsstelle möglicherweise anders besetzt, so die "NYT". "Das MOCA scheint eine Art Drehtür für die Direktoren zu sein, die von Jeremy Strick über Jeffrey Deitch und Philippe Vergne bis zu Biesenbach reicht."

"Mit Klaus Biesenbach ist der Stadt ein Coup gelungen, eine internationale Berufung, wie sie in Deutschland selten ist", freut sich Catrin Lorch in der "Süddeutschen Zeitung". "Man hat in Klaus Biesenbach, der lange am Museum of Modern Art als Chefkurator arbeitete und seit 2018 als künstlerischer Direktor das Museum of Contemporary Art in Los Angeles führt, eine prominente Figur gefunden, die mit den Verhältnissen in Berlin nicht nur vertraut ist, sondern sie mitgeprägt hat. Biesenbach hat in den Neunzigerjahren die Kunst-Werke in der Auguststraße mitbegründet und die erste Ausgabe der Berlin Biennale initiiert."

"Zweifellos ein Coup"

"Sein Wechsel nach Berlin ist ein Coup, zweifellos", kommentiert Swantje Karich in der "Welt". "Und er rettet Berlin schon mal mental vor der Provinzialität, die die Museen zuletzt erfasst hatte. Museen sind für ihn soziale Orte. Und so ist nun alles denkbar: Vielleicht tritt ja Lady Gaga eines Tages vor der Nationalgalerie auf? Oder zur Eröffnung des neuen Museums?"

Die Hoffnungen der "Tagesspiegel"-Kritikerin Nicola Kuhn gehen in eine ähnliche Richtung: "Mit den Neubesetzungen für die Neue Nationalgalerie und Hamburger Bahnhof wird Berlins Flaggschiffen moderner und zeitgenössischer Kunst ein internationalerer Appeal eingehaucht", schreibt sie.

Skeptischer gegenüber der Berufung Biesenbachs zeigt sich im "artmagazine" Kritiker Raimar Stange: "Ausgerechnet er, der nach 30 Jahren zurückkehrt in seine alte Wirkungsstätte Berlin, soll für neue Entwicklungen stehen? Hält man also tatsächlich eben den neuen neoliberalen american way of artlife, der nicht zuletzt auf Glamour und Vermarktbarkeit abzielt, den der jetzige Heimkehrer in New York und Los Angeles lernen wollte, für eine anstrebenswerte Neuerung?!"

Stange findet bedenkenswert, dass der neue Direktor keine akademische Ausbildung im Bereich Kunst und Kultur hat, stattdessen habe man bei ihm und bei jüngsten anderen Berliner Personalien "auf charismatische und 'legendenumwobene' Männer gesetzt. So wird über Biesenbach immer noch kolportiert, er hätte das Berlin-Mitte Kunstleben der 1990er Jahre als 'Mitbegründer der KunstWerke' (Berliner Tagesspiegel) entscheidend inspiriert. Richtig ist, dass er den damaligen Kunsthype nicht initiiert hat, sondern durch seine wohl ziemlich eigenmächtige Umwandlung der (schon bestehenden) KunstWerke von einem Artist Space zu einem Ausstellungshaus noch ein Schritt weiter institutionalisiert hat."