Duncan Campbell

"Dieses Auto ist die Ikone der 80er-Jahre"

Zurück in die Zukunft: Der irische Künstler Duncan Campbell hat einen Film über den legendären Autoentwickler John DeLorean gedreht

Herr Campbell, wir vermuten, dass Sie den Namen DeLorean erstmals gehört haben, als Sie „Zurück in die Zukunft“ schauten.
Das stimmt. Ich bin kein Autonarr, aber seit dem Film ein Fan von allem, was irgendwie mit DeLorean zu tun hat. Das Auto ist die Ikone der 80er-Jahre.

Woran liegt das?
Man hatte so etwas vorher einfach noch nie gesehen. Rostfreier Stahl, Flügeltüren, ein einzigartiges und zugleich zeitloses Design – jeder scheint das Auto als schön zu empfinden. Aber es ist in vielerlei Hinsicht auch suboptimal, vermutlich, weil es unter großem Geld- und Zeitdruck gebaut wurde. Für einen Sportwagen ist der DMC-12 sehr langsam, die Türen, die sich nach oben öffnen, sind schwer und anfällig. „Zurück in die Zukunft“ verkörperte den Optimismus der 80er-Jahre, der Reagan-Ära. Der DeLorean war auch insofern das perfekte Symbol der Zeit, weil er außen so glossy ist und innen eigentlich ziemlicher Mist. Nicht zuletzt speist sich der Mythos des Wagens auch aus der Lebensgeschichte seines Erfinders.
 
Was war John DeLorean für ein Mensch?
John DeLorean ist die Verkörperung des amerikanischen Traums, seine Biografie die typische Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte. Seine Eltern waren Emigranten, und er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, aber er besaß dieses enorme Ingenieurstalent, mit dem er bis ins Management von General Motors aufstieg, schließlich sogar Vizepräsident des Unternehmens wurde. Aber dann hat er sich mit der konservativen Bürokratie bei General Motors überworfen. Er ging, bevor sie ihn rauswarfen und weil er zeigen wollte, dass er es allein konnte. 

1973 machte sich DeLorean unabhängig.
Er versuchte es zumindest. In den USA konnte er das für ein eigenes Unternehmen notwendige Geld nicht auftreiben, also tingelte er um die Welt auf der Suche nach Investoren. Puerto Rico war im Rennen, aber am Ende sagte die britische Regierung ihre Unterstützung für den Bau der Fabrik in Belfast zu. Die Produktion des DMC-12 begann 1981, eine sehr turbulente Zeit in Belfast!
 
Hat der Nordirlandkonflikt die Produktion beeinflusst?
Als Bobby Sands, einer der IRA-Gefangenen, an den Folgen eines Hungerstreiks starb, gab es schwere Unruhen, und auch auf die Fabrik wurden Molotowcocktails geschmissen. Dabei war das Unternehmen sehr progressiv, die Belegschaft bestand je zur Hälfte aus Katholiken und Protestanten, besaß einen hohen Frauenanteil. Eine Art Modellfabrik.

Dennoch musste das Unternehmen bereits 1982 schließen.
Finanziell war es ein Desaster, die britische Regierung wollte ihr Geld zurück, aber es war in irgendwelchen dunklen Kanälen verschwunden. Für John DeLorean ging es dann immer weiter bergab. Verfahren wegen Veruntreuung wurden eröffnet, er versuchte, Geld aufzutreiben, und ließ sich deshalb auf einen Drogenschmuggel ein. Dabei wurde er verhaftet, aber im anschließenden Verfahren freigesprochen, weil das FBI den Deal fingiert hatte. Er hat nie wieder ein Auto bauen können, und vermutlich wäre er eine Fußnote der Geschichte geblieben, wenn es nicht die „Zurück in die Zukunft“-Filme gegeben hätte. Insgesamt wurden nur etwa 9000 Modelle des DMC-12 gebaut, als der Film rauskam, war er eigentlich schon ein Sammlerstück. Aber die Leute waren stolz auf John DeLorean.

Warum?
Die DeLorean Motor Company war nach vielen Jahrzehnten das erste amerikanische Automobilunternehmen – gebaut wurde zwar in Irland, aber beliefert wurde ausschließlich der US-Markt. Hinzu kam, dass sich viele Menschen mit John DeLorean als diesem eigenbrötlerischen, aber irgendwie sympathischen Typen identifizierten. Da war einer, der den großen Unternehmen die Stirn geboten hatte.

Was genau zeigt Ihr Film?
Er besteht aus Archivmaterial, und ich habe Interviews mit Menschen geführt, die mit ihm zu tun hatten. John De­Lorean war ein Mann, der polarisierte, man liebte oder verachtete ihn. Ich habe mit Arbeitern aus seiner Fabrik gesprochen, und er war offenbar sehr beliebt und charismatisch, aber war andererseits sozial sehr unbeholfen. Er führte auf seine eigene Art ein Jetsetleben, rauchte nicht, trank nicht, nahm keine Drogen, war kein Party-Animal – jetsetverdächtig war eher seine Liebe zu schönen, glamourösen Frauen. Mich interessierte einerseits der Mensch DeLorean, aber vor allem auch das soziale und politische Umfeld, in dem sein berühmtes Auto gebaut wurde. Mein Film endet im Jahr 1982, in dem Moment, als die Fabrik schließt. Sein Absturz, der Kokainschmuggel, seine Verhaftung – das ist alles Stoff für einen Hollywoodfilm. Oder eher: für 50 Hollywoodfilme.

Duncan Campbell: „Make It New John“ (2009)