Urteil zu Warhol

Oberstes US-Gericht setzt Grenzen für Wiederverwertung von Kunst 

1981 nahm eine Fotografin den Musiker Prince für ein Magazin auf, wenige Jahre später nahm Andy Warhol das Bild als Basis für eine Porträtserie. Das Oberste Gericht der USA entschied jetzt einen Streit darum - und könnte beeinflusst haben, wie Kunst gemacht wird

Das Oberste US-Gericht hat in einer Entscheidung mit potenziell weitreichenden Urheberrechts-Folgen den Spielraum für die Wiederverwendung von Kunst in neuen Werken eingeschränkt. Die Richter entschieden, dass der 1987 verstorbene Künstler Andy Warhol mit einem Bild des Musikers Prince die Urheberrechte einer Fotografin verletzt hatte. Warhols Porträt basierte auf ihrem einige Jahre zuvor aufgenommenen Foto.

Die Andy-Warhol-Stiftung verwies in dem Gerichtsverfahren auf die "Fair-Use"-Doktrin, die die Wiederverwendung eines Kunstwerks oder seiner Elemente bei der Schaffung neuer Werke zulässt. Die Idee dabei ist, dass auch bei urheberrechtlich geschützten Werken dafür keine Erlaubnis des Urhebers notwendig ist, wenn dabei ein eigenständiges neues Kunstwerk entsteht.

In dem Urteil vom Donnerstag folgte die Mehrheit am Supreme Court jedoch der Auffassung, dass Warhol mit seinem Bild nichts "grundlegend anderes und Neues" geschaffen habe. Auch habe sein Porträt genauso wie das Foto der Fotografin Lynn Goldsmith die kommerzielle Nutzung zum vorrangigen Ziel gehabt. Das hebe den "Fair-Use"-Schutz auf. Warhol sei damit nicht anders vorgegangen als etwa ein Musiker, der in seinen Song Musik eines anderen Künstlers einbinde.

Das Urteil werde "jegliche Art von Kreativität ersticken"

Eine Entscheidung zugunsten Warhols in diesem Fall würde den Schutz der Urheberrechte aushöhlen, warnte Richterin Sonia Sotomayor als Autorin des Urteils. Denn damit wäre der Weg offen, Fotos mit geringen Änderungen zu kopieren und als eigenes Werk zu verkaufen, argumentierte sie. In der ersten Instanz argumentierte ein Bezirksgericht unter anderem, Warhol habe mit seiner Verfremdung ein neues Werk geschaffen, weil Prince in dem Foto verletzlicher wirke als in seinem Bild. 

Goldsmith hatte das Foto von Prince 1981 im Auftrag des Magazins "Newsweek" aufgenommen, Warhols Bild wurde 1984 im Magazin "Vanity Fair" zu einem Artikel über Prince veröffentlicht. Goldsmith wurde erst darauf aufmerksam, nachdem "Vanity Fair" Warhols Bild nach dem Tod von Prince noch einmal in einer Gedenkausgabe druckte. Die Warhol-Stiftung bekam Geld dafür, die Fotografin nicht. Warhol fertigte insgesamt 16 Bilder auf Basis des Fotos an. In dem Verfahren ging es nur um eins davon - "Orange Prince".

Von den neun Mitgliedern des Obersten Gerichts folgten sieben der Argumentation der Richterin. Sotomayors Kollegin Elena Kagan widersprach entschieden: Das Urteil werde "jegliche Art von Kreativität ersticken", konterte sie. Die Entscheidung werde die Schaffung neuer Kunst, Musik und Literatur behindern. "Sie wird unsere Welt ärmer machen." Die Mehrheit habe Warhol wie einen «Instagram-Filter behandelt». Der Vorsitzende Richter John Roberts schloss sich Kagan an.

Wird nicht "der westlichen Zivilisation das Licht ausknipsen"

Die Mehrheit trat in dem Urteil solchen Sorgen entgegen. Es werde unsere Welt nicht arm machen, wenn die Warhol-Stiftung der Fotografin einen Teil der Einnahmen aus der Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützter Arbeit abgebe, schrieb Sotomayor. Die Entscheidung werde auch nicht "der westlichen Zivilisation das Licht ausknipsen".

Sie betonte in der mit vielen Abbildungen versehenen Entscheidung einen Unterschied zu anderem Werken Warhols wie etwa den berühmten Abbildungen der Campbells-Suppendosen. Dort sei zwar das geschützte Logo der Marke abgebildet - aber der Zweck sein ein anderer. Wenn die Firma es verwende, diene dies der Werbung. Bei Warhol sei es ein künstlerischer Kommentar der Konsumlust gewesen.