Urteil

OLG entscheidet zugunsten der Erben eines jüdischen Sammlers

 Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe
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Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe spricht Erben die Sammlung eines jüdischen Kunsthändlers zu

Wem gehört die von den Nazis einverleibte Sammlung eines früheren jüdischen Kunsthändlers aus Baden-Baden? Das OLG versetzt sich zurück - und entscheidet für die Erben

Unter einen komplizierten Rechtsstreit um die wertvolle Sammlung eines früheren jüdischen Kunsthändlers aus Baden-Baden hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einen Schlussstrich gesetzt. In einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung gab das OLG den Erben Recht. Die Porzellansammlung sowie mehrere Gobelins und Ölgemälde waren in der Nazi-Zeit vom Badischen Staat vereinnahmt worden und so ins Badische Landesmuseum gekommen. Als rechtmäßige Erben sahen sich sowohl heute in den USA lebende Verwandte des Sammlers als auch eine jüdische Gemeinde. Das OLG klärte nun die Erbfolge (Beschluss vom 30.09.2019 - 11 W 114/17, Wx). Die Entscheidung ist dem Gericht zufolge rechtskräftig.

Der Sammler hatte 1939 - ein Jahr vor seinem Tod - im Testament seinen Neffen als Alleinerbe bestimmt. Als der in die USA auswanderte, hatte er in einem Zusatz seine Schwester und im Fall ihres Todes die jüdische Gemeinde benannt, die mit dem Erbe hilfsbedürftigen Juden helfen sollte. Nachdem die Schwester und 1982 auch der Neffe gestorben waren, beantragte die jüdische Gemeinde einen Erbschein. Die Nachfahren des Neffen waren hingegen der Auffassung, der Zusatz im Testament sei nichtig. Er beruhe nur darauf, dass es unter den Nationalsozialisten für den Neffen unmöglich gewesen sei, das Erbe anzutreten.

Das Nachlassgericht gab ihnen Recht und nun auch das OLG: Die Vermögen jüdischer Emigranten während der NS-Zeit seien «durch eine Vielzahl von Regelungen praktisch vollständig ausgeplündert» worden. Es sei davon auszugehen, dass der Sammler nur deshalb den Nachtrag verfasste, weil sein Neffe wegen der Diskriminierung der Juden und Emigration nicht sein Erbe antreten konnte. «Im Wege der ergänzenden Auslegung ist davon auszugehen, dass der Erblasser den Nachtrag nicht verfasst hätte, wenn er gewusst hätte, dass diese diskriminierenden Regelungen wenige Jahre nach seinem Tod durch den Zusammenbruch des NS-Regimes hinfällig wurden», so das OLG.