Installation von Petrit Halilaj

Madrid erblüht

Der Künstler Petrit Halilaj hat in der spanischen Hauptstadt einen riesigen Blumengarten installiert. Sein Ensemble soll die Grenzen zwischen innen und außen auflösen - und an den spanischen Kolonialismus erinnern

In diesem Jahr war das florale Frühlingserwachen in Spanien von der Corona-Pandemie überschattet. Einen Großteil des bisherigen Jahres mussten die Bewohner der Hauptstadt Madrid wegen strenger Ausgangsbeschränkungen in ihren Wohnungen verbringen. Nun erblüht das kulturelle Leben der Stadt vorsichtig wieder, und der kosovarische Künstler Petrit Halilaj hat den perfekten Ort zum Stillen von Blumensehnsucht geschaffen. Im Palacio de Cristal im Retiro-Park hat Halilaj im Auftrag des Museums Reina Sofia einen gigantischen Garten geschafften. Besucherinnen und Besucher wandeln zwischen verschiedenen überdimensionalen Blüten oder durch Palisadenformationen von Ästen, die ein Riesenvogel zum Nestbau benutzen könnte.

Um das Motiv des heimeligen Nests soll es in der Ausstellung mit dem Bandwurm-Titel "To a raven and hurricanes that from unknown places bring back smells of humans in love" dann auch gehen. Diese Art der Behausung, die sich als Schnittstelle von Natur zu Kultur lesen lässt, trennt nicht das Innen vom Außen wie es menschliche Bauwerke tun. Und so hat der Künstler auch den Kunstraum zum Park hin geöffnet. Futterstellen sollen Vögel und andere Tiere aus der Umgebung anlocken, sodass die kunstbetrachtenden Menschen idealerweise auch auf Spezies jenseits von sich selbst treffen.

Petrit Halilaj, geboren 1986, stellt die gigantischen Blumen aus Stahl und Stoff mit seinem Partner Álvaro Urbano her und sieht die Kirsch-, Mohn- oder Forsythienblüten als Verkörperungen von Intimität. Gleichzeitig ist die Ausstellung jedoch eine Referenz an die koloniale Vergangenheit des Madrider Kristallpalasts von Architekt Ricardo Velázquez Bosco. Inspiriert vom Londoner Pendant wurde das filigrane Glashaus 1887 für eine Präsentation der Flora der Philippinen gebaut - damals eine spanische Kolonie. Statt um Beherrschung und Besitz soll es bei Petrit Halilaj gut 130 Jahre später um die Gemeinschaft von Menschen, Tieren und Pflanzen gehen. Die Kunst-Installation als Ökosystem und durchlässiges Habitat. Das blumige Nest soll auch den Herbst und den Winter bis zum Februar 2021 überdauern. Der Eintritt ist frei.