Intime Fotos von Picasso

Das Leben des Pablo

Was passiert, wenn man einfach an der Tür eines berühmten Künstlers klingelt? Der US-Fotograf David Douglas Duncan wagte 1957 das Experiment. So entstanden 25.000 Aufnahmen von Pablo Picasso und eine jahrelange Freundschaft

Das monumentale Œuvre von Picasso ist für die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zentral – der Künstler prägte sie wie kaum ein anderer. Wie sehen die Arbeit und das Leben hinter diesen Werken aus? US-Fotograf David Douglas Duncan lichtete Picasso in seinem Alltag in Südfrankreich ab. Der Kriegsfotograf und Fotojournalist klingelte einfach an der Tür von Picassos Villa La Californie in Cannes. Picassos Frau Jacqueline öffnete die Tür, Picasso selbst saß unterdessen in der Badewanne – und ließ sich trotzdem ablichten. Der Einblick, den die über die Jahre entstandenen Aufnahmen erlauben, ist intim und unzensiert: Sie füllen acht von Duncans 25 Bildbänden.

Ein Teil dieser Aufnahmen ist nun bei der Galerie im Vieux Chalet im Schweizer Alpenort Gstaad zu sehen: Die Galerie Hauser & Wirth stellt teilweise noch unveröffentlichte Abbildungen gemeinsam mit Keramikwerken Picassos aus, deren künstlerischer Entstehungsprozess auch durch die Fotografien dokumentiert wurde. Picasso ist bei seinen kreativen Experimenten, beim Gestalten und Begutachten seiner Keramik zu sehen, in der er Bildhauerei und Malerei vereinte. Duncan konnte mit seiner Kamera die Faszination Picassos für sein Sujet festhalten - beispielsweise für den Stierkampf: Der beobachtende, arbeitende Künstler, der seine Empfindungen künstlerisch verarbeitete, wird in den Fotografien selbst zum Sujet.

Cowboyhüte und Clownskostüme in La Californie

Pablo Picasso ließ sich von der Anwesenheit des Fotografen in seinem Tun nicht beirren: Duncan konnte auf diese Weise Arbeit und Privatleben des Künstlers völlig frei begleiten – zeitweise hatte er sogar unbeschränkten Zugang zu seinem Atelier und konnte hier prägende Momente in Picassos Werkprozessen einfangen. Mal wird Picasso beim Spielen mit seinen Kindern gezeigt, mal ist er im Chaos seines Ateliers zwischen Keramik, Papier- und Bücherstapeln kaum zu sehen.

Über die Jahre hinweg gelang es Duncan, ein umfassendes Porträt des Künstlers zu schaffen, mitsamt Freunden, Familie, persönlichen Anektdoten und unterhaltsamen Momenten – wie zum Beispiel Picasso und seinen Sohn Claude in Clownskostümen. Besonders das häusliche Umfeld, in dem die Schwarz-Weiß-Fotos entstanden, gibt dem Betrachter ein Gefühl des Dabeiseins.

Das Vertrauen seiner Modelle zu gewinnen, fiel David Douglas Duncan leicht. Er fotografierte bereits seit dem College erfolgreich, seine Aufnahmen von Soldaten im Zweiten Weltkrieg, sowie im Korea- und Vietnamkrieg machten ihn berühmt. Es folgte ein Job beim "Life"-Magazin, für den er rund um den Globus fotografieren konnte - seine Kamera nutzte ihm dabei oft als "politische Waffe". Duncan hielt ein Stück Welt- und Kunstgeschichte fest - und wurde so einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts.