Provenienzforschung

Sachsen-Anhalts Museen sollen mehr koloniale Hintergründe erforschen

Blick ins Museum Aschersleben
Foto: Museumsverband Sachsen-Anhalt

Blick ins Museum Aschersleben

Nach NS-Raubgut wird in den Museen schon länger geforscht. Jetzt soll es verstärkt um Objekte etwa aus Afrika, Asien oder anderen Regionen der Welt gehen. Wie kamen sie nach Sachsen-Anhalt?

Wie viel koloniales Unrecht steckt hinter Objekten in den Museen in Sachsen-Anhalt? Der Museumsverband ermutigt die Einrichtungen, genauer auf Herkunft und Geschichte ihrer Objekte von außerhalb Europas zu schauen. "Wir wissen aus Umfragen und verschiedenen anderen Recherchen, dass wir 37 Museen in Sachsen-Anhalt haben, die ethnologische Bestände und naturkundliche Bestände außereuropäischer Herkunft besitzen", sagte die Koordinatorin für Provenienzforschung beim Museumsverband Sachsen-Anhalt, Annette Müller-Spreitz. Im Museumsverband sind rund 220 Einrichtungen organisiert.

Sie gehe davon aus, dass sich in den jeweiligen Sammlungen zwischen 30 und 300 Objekte befinden, die genauer auf den kolonialen Hintergrund untersucht werden sollten. Für drei Häuser sei bereits ein sogenannter Erstcheck beantragt worden. Bisher hatte die Suche nach NS-Raubgut im Vordergrund gestanden.

Laut dem Geschäftsführer des Museumsverbands, Danny Könnicke, sind die Bestände mit kolonialem Zusammenhang im Land sehr spärlich. Es stehe auch nicht immer Unrecht hinter den Objekten. "Es sind oft auch Mitbringsel touristischer Art." Viele Objekte seien als Schenkungen von Privatleuten an die Museen gekommen. Eine genaue Beforschung solle auch Unrecht ausschließen helfen. Könnicke betonte, es gehe nicht in erster Linie um die Rückgabe von Objekten. "Wenn Unrechtskontexte bestehen, geht's auch darum, mit den Herkunftsgesellschaften, den heutigen Eigentümern, zu verhandeln, und nicht immer wird da was zurückgegeben." Vielmehr solle gezeigt werden, wie die Museumssammlungen entstanden sind.

Wie Müller-Spreitz mit Blick auf naturkundliche Sammlungen sagte, kann die Herkunft der Objekte auch eine neue Erzählebene in den Museen jenseits biologischer Informationen sein. Der Zusammenhang zum Arten-, Natur- und Klimaschutz könne hergestellt werden.

Es gebe auch schon mehrere Ansätze in Museen im Land. So habe das Museum Aschersleben gemeinsam mit Schülern Objekte außereuropäischer Herkunft aus dem Depot geholt und dokumentiert, sagte Müller-Spreitz. Im Städtischen Museum Halberstadt seien 2020 bei einem NS-Raubgutcheck auf dem Dachboden 20 Objekte verstaubt in Kisten gefunden worden. Darunter seien vasenförmige Metallobjekte aus dem asiatischen Raum, eine geschnitzte Kokosnussschale und zwei Schilde aus Afrika. Das Museum forsche nun, wie die bis dato nicht verzeichneten Gegenstände dorthin gekommen sein könnten, sagte Müller-Spreitz. Forschungen gebe es auch in mehreren anderen Einrichtungen im Land.